Juden 2006

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Von "Lachgaskammern" und "Dekonzentrationslagern" berichten Schriften aus einem Amt des Innenministeriums

Eine Einrichtung des BRD-Innenministeriums beschäftigt Ludwig Watzal, der als "manifest antisemitisch" eingestuft wird. Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, beschäftigt Personen, die keine Freunde der Juden sind, so die Beobachtungsergebnisse der Fraktion für religiösen und politischen Extremismus der CDU. Mit Veranstaltungen und Publikationen der Bundeszentrale nimmt das Amt Abschied „vom Konsens deutscher Nachkriegspolitik“, befürchten "Wachhunde" wie Kristina Köhler. Ludwig Watzal, der Mitarbeiter der Bundeszentrale, veröffentlichte Texte, in denen er Israel als "wildgewordene Kolonialmacht" bezeichnet und die "brutale israelische Okkupation" als alleinige Ursache der palästinensischen Selbstmordattentate darstellt. Darüber hinaus verfaßte er Artikel über die jüdische Heuschrecke Haim Saban, mit denen er anknüpft an die Themen vom jüdischen Kapital und jüdischer Macht. In einem Schul-Begleitheft der Bundeszentrale zum Selbstmordattentäter-Film "Paradise Now" wird die Mahnmalpolitik mit "Lachgaskammer" und "Dekonzen-trationslager" in Zusammenhang gebracht.

http://www.welt.de/data/2006/01/21/834403.html - Die Welt, 21.1.2006

Wirbel um Bundeszentrale für politische Bildung

Präsident Krüger muß sich wegen des angeblichen Israel-Bildes seiner Einrichtung zur Wehr setzen

von Lars-Broder Keil

Berlin - Der Umgang der Bundeszentrale für politische Bildung mit den Themen Israel und islamischer Extremismus ist Anlaß für Kritik. Laut ihrem Auftrag soll die Einrichtung Verständnis für politische Sachverhalte fördern und das demokratische Bewußtsein festigen. Kritiker werfen der Bildungseinrichtung vor, sie beschäftige Personen, die diesem Auftrag zuwiderhandeln und nehme mit Veranstaltungen und Publikationen Abschied vom Konsens deutscher Nachkriegspolitik. Der Präsident der Bundeszentrale, Thomas Krüger, wies die Kritik zurück. "Unser Gesamtangebot zu Israel zeigt, daß es keinen Politikwechsel des Hauses gegeben hat", sagte er der WELT.

Umstritten ist vor allem Ludwig Watzal: Buchautor und Redakteur der von der Bundeszentrale herausgegebenen Publikation "Aus Politik und Zeitgeschichte". Watzal gilt als scharfer Kritiker Israels. In Internetforen und Zeitungsartikeln wird ihm eine extreme antiisraelische Einstellung vorgeworfen. Zudem würde er Bücher, die als antisemitisch eingestuft seien, positiv rezensieren. Watzal verteidigt sich auf der Homepage der CDU-Bundestagsabgeordneten Kristina Köhler, Berichterstatterin ihrer Fraktion für religiösen und politischen Extremismus, er habe immer nur kritisch über die "Besatzungspolitik Israels, die Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Palästinensern und die Verstöße Israels gegen das Völkerrecht" geschrieben.

Vor knapp anderthalb Jahren sorgte jedoch sein Beitrag über den amerikanisch-israelischen Medienunternehmer Haim Saban für Empörung. Watzal rückte ihn in die Nähe der sogenannten "Holocaust-Industrie" und bediente nach Ansicht des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung die Klischees vom jüdischen Kapital und jüdischer Macht. Angesichts der Kritik an solchen Veröffentlichungen untersagte ihm die Bundeszentrale mit Verweis auf die Neutralitätspflicht, Texte zum Nahost-Konflikt redaktionell zu bearbeiten oder darüber im Namen der Bundeszentrale zu schreiben, wie Präsident Thomas Krüger bestätigte. Gegen die private Publizierung sah er keine Handhabe: "Vorwürfe über das, was Herr Watzal in seiner Freizeit macht, sind an ihn selbst zu adressieren." Weil aber die Kritik an Watzals Texten nicht abreißt, will Krüger nun untersuchen lassen, ob dieser "manifest antisemitisch" sei. Nach Rücksprache mit dem Bundesinnenministerium, dem die Bundeszentrale angegliedert ist, werden dort derzeit personelle Konsequenzen geprüft. Parallel dazu wird sich der wissenschaftliche Beirat der Bundeszentrale Ende kommender Woche mit Watzal befassen, sagte Krüger.

Ludwig Watzal beruft sich dagegen auf die im Grundgesetz verbürgte Meinungsfreiheit. Was jedoch Anstoß erregt, ist, daß sich Beiträge von ihm auch auf Homepages linsradikaler Zeitschriften wie "Linksruck" und SoZ - Sozialistische Zeitung" wiederfinden. Oder bei "Intifada", dem Magazin der linksextremistischen "Campo Antiimperialista", die Selbstmordanschläge als "legitimen Widerstand" verherrlicht und offen den "irakischen Widerstand" unterstützt: Auf deren Internetseite wird unter anderem ein mit Ludwig Watzal gezeichneter Text veröffentlicht, in dem der Autor Israel als "wildgewordene Kolonialmacht" bezeichnet und die "brutale israelische Okkupation" als alleinige Ursache des palästinensischen Terrorismus darstellt. Kritiker, die ihm den Abdruck vorwerfen, unterstellt er "Blockwartmentalität". Warum er sich aber weder gegen die Veröffentlichungen auf solchen Homepages wehrt, noch sich von diesem Milieu distanziert, wollte Watzal trotz Anfrage der WELT nicht beantworten.

Watzal ist nicht Krügers einziges Problem. Ein Schul-Begleitheft der Bundeszentrale zum Selbstmordattentäter-Film "Paradise Now" wurde von mehreren Seiten als inhaltlich und didaktisch bedenklich eingestuft, eine Ausstellung über Mahnmalpolitik mit "Lachgaskammer" und "Dekonzentrationslager" völlig überzeichnet, und auf der Homepage mit Ibrahim El-Zayat ein "Experte für Integrationsfragen" präsentiert, dessen Islamische Gemeinschaft in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Krüger findet es "unredlich", dies miteinander zu verknüpfen und "daraus einen Richtungswechsel abzuleiten". CDU-Politikerin Köhler sieht das Ansehen der Bundeszentrale ernsthaft gefährdet und fordert daher Konsequenzen: "Die Bundeszentrale für politische Bildung hat als Leitbild aufgetragen bekommen, das demokratische Bewußtsein in der Bevölkerung zu fördern. Es ist nicht der Ort, um falsche Ideologien zu verbreiten", sagte sie der WELT.