Juden 2006

NJ Logo  
site search by freefind Detailsuche

"Den jüdischen Staat zu sichern ist das oberste Ziel der Israel-Lobby" "Bush unterstütze Israels Feldzug im Libanon bedingungslos"

In USrael soll der jüdische Agent Steven Rosen eine Formstrafe vor Gericht erhalten. Damit soll vertuscht werden, daß die US-Regierung eigentlich für Israel in den USA eine Art Gouverneursrolle einnimmt. Aus Washington fließen alle Geheiminformationen dem Judenstaat zu. Ob militärischer oder wirtschaftlicher Natur. Doch seit Harvard-Professor Stephen Walt und sein Kollege John Mearsheimer eine Studie veröffentlichten, wonach Washington israelische Politik zum Schaden der Amerikaner betreibt, ist man emsig um einen Schauprozeß bemüht, um zu zeigen, daß die USA gar keine Kolonie Israels sind. Rosen und Kollegen erfanden auch die Kriegslügen gegen den Irak und wollten mit ähnlichen Lügen Amerika in einen Krieg mit dem Iran treiben. Das Militär verhinderte bislang dieses israelische Komplott. Die US-Präsidenten, allen voran George W. Bush, stehen auf der Lobby-Liste der Aipac ganz oben. Bei jedem Jahrestreffen muß der jeweilige US-Präsident antanzen und Männchen machen. Unter den "Ehrengästen" befinden sich jedesmal zahllose Senatoren und Kongreßabgeordnete, die jederzeit Amerika in jedweden Krieg für Israel jagen würden bzw. schon gejagt haben. Der israelische Ministerpräsident Olmert sagte in einer Telefonkonferenzschaltung: "Gott sei Dank, daß wir Aipac haben."

Der Spiegel, 38/18.9.2006, S. 136 ff

USA

"Agent eines fremden Staates"

Übt Israels Lobby unangemessenen Einfluss auf die amerikanische Außenpolitik aus? Zwei Lobbyisten stehen vor Gericht, weil sie Staatsgeheimnisse an Jerusalem verraten haben sollen.

Was ist Macht, wahre Macht in Washington? Bevor seine Anwälte ihm nahelegten zu schweigen, konnte Steven Rosen seinen Gesprächspartnern beim Mittagessen eine simple Serviette zeigen und stolz behaupten: "Innerhalb von 24 Stunden können wir die Unterschriften von 70 Senatoren auf diesem Stück Stoff präsentieren." Rosen, 64, ein rastloses Energiebündel, nervös, aggressiv, sechsmal verheiratet, sechs Scheidungen, besaß wahre Macht in Washington.

23 Jahre arbeitete er für das American Israel Public Affairs Committee, kurz: Aipac, die wichtigste pro-israelische Lobbygruppe in den USA. 6000 Namen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen von Kongressabgeordneten, Senatoren, Ministern, von den wirklich Wichtigen im Weißen Haus, standen in seinem Rolodex. Es gab nicht viele, die den außenpolitischen Direktor der Aipac nicht sofort durchstellen ließen.

"Die wirksamste Lobby der Stadt" hat Bill Clinton die Organisation einmal genannt, in der Außenpolitik so mächtig wie die National Rifle Association im Inneren, schrieb die "Washington Post". 27 Minuten dauerte bei der letzten Jahrestagung im März allein die Begrüßung der Ehrengäste, darunter 50 Senatoren, 100 Kongressabgeordnete und, aus dem Weißen Haus, Vizepräsident Richard Cheney. "Gott sei Dank, dass wir Aipac haben", freute sich der aus Israel zugeschaltete Premierminister Ehud Olmert.

Ein ganz besonderes Verhältnis verbindet die Vereinigten Staaten und Israel; den jüdischen Staat zu sichern ist Aipacs oberstes Ziel: Militärisch behandeln die USA den Verbündeten wie ein Nato-Mitglied, in Handelsfragen bevorzugen sie ihn wie die Nachbarn Kanada und Mexiko. Und kein Land der Welt erhält mehr direkte US-Hilfe als Israel - drei Milliarden Dollar im Jahr.

Allerdings: Schon bevor George W Bush Israels Feldzug im Libanon bedingungslos unterstützte, war in Amerika eine Debatte ausgebrochen, ob die Freunde Israels womöglich zu viel Einfluss besäßen. Die enge Verbindung mit Israel sei zu einer strategischen Belastung für die USA geworden, behaupteten der Harvard-Professor Stephen Walt und sein Kollege John Mearsheimer von der Universität Chicago in einem umstrittenen Papier. Aipac agiere längst als "De-facto-Agent eines fremden Staates" heißt einer der zentralen Vorwürfe von Walt und Mearsheimer, und genau dieser Verdacht kam offenbar auch schon dem FBI.

Wenige Straßenblocks vom Aipac-Hauptquartier liegt die Zentrale der Bundespolizei, eine Festung aus ockerfarbenem Kalkstein. Im vierten Stock hocken in endlosen Reihen die Abhörexperten des Dienstes. Gespräche von mutmaßlichen Staatsfeinden werden hier routinemäßig mitgeschnitten. Offenbar jahrelang galt einer dieser Lauschangriffe dem Aipac-Spitzenfunktionär Steven Rosen. Die Agenten überwachten sein Mobiltelefon und ließen ihn auch persönlich nur selten aus den Augen.

Nun wird die Frage, was Aipac wirklich treibt, vor einem Bundesgericht in Virginia verhandelt. Amerika steht vor einem bisher einmaligen Prozess - Cheflobbyist Rosen und Keith Weissman, der Iran-Experte seiner Abteilung, werden der "Entgegennahme und Weitergabe" von Geheiminformationen beschuldigt, ein Verstoß gegen das Spionage-Gesetz von 1917. Nie zuvor wurde es auf Personen angewandt, die nicht auf der Gehaltsliste der Regierung standen.

Rosen soll seit 1999 Top-Secret-Informationen aus der US-Regierung organisiert haben, um sie Kontaktleuten in der israelischen Botschaft in Washington zuzustecken. Vor allem um die Iran-Politik der USA soll es dabei gegangen sein.

Eine noch brisantere Version der Vorwürfe hat gerade der angesehene US-Geheimdienstspezialist James Bamford aufgestellt. Der Bestsellerautor behauptet, gemeinsam mit der berüchtigten Garde der Neocons im Pentagon hätte Rosen während der Vorbereitungen auf die Irak-Invasion versucht, die USA auch auf Konfrontationskurs gegenüber Iran zu bringen. "Es ging dabei nicht um klassische Spionage", sagt Bamford, die Angeklagten hätten "versucht, die Außenpolitik der USA zu manipulieren".

Wüste Verschwörungstheorien, heißt es dazu bei Aipac, so etwas habe man gar (136) nicht nötig. Nicht die Israel-Lobby, sondern das FBI werde am Ende des Prozesses wegen grob überzogener Ermittlungsmethoden blamiert dastehen. "Seine Aufgabe war es, mit Informationen zu handeln", sagt Martin Indyk, ein früherer Kollege Rosens, "er kommt vor Gericht, weil er seinen Job gut gemacht hat."

Nur: Warum wurden Rosen und Weissman dann vergangenes Jahr von Aipac mit der Begründung gefeuert, ihr Verhalten verstoße gegen die Grundsätze der Organisation?

Außerdem hat es in dieser Causa bereits einen Prozess gegeben, der mit einer harten Haftstrafe endete. Vergangenen Oktober bekannte sich der hochrangige Pentagon-Mitarbeiter Lawrence Franklin schuldig, bei der Zusammenarbeit mit den Aipac-Lobbyisten Geheimnisse verraten zu haben. Zwölfeinhalb Jahre soll er jetzt dafür ins Gefängnis. "Ich wollte meinem Land nie schaden", beteuerte er.

Franklin ist kein typischer Spion, für seine Dienste wollte er nie Geld. Er war ein Hardliner mit vielen Freunden unter Amerikas Neokonservativen, die in den Monaten nach dem 11. September auf ein ebenso aggressives Vorgehen gegen Iran wie gegen den Irak drängten. Und dabei hatte er auf die Hilfe der Israel-Lobby gesetzt.

Leute wie Franklin wurden nach den Anschlägen von New York und Washington im Pentagon dringend gesucht; Douglas Feith, die Nummer drei im Verteidigungsministerium, benötigte Personal für sein neueingerichtetes "Office of Special Plans" (OSP). Es war eine berüchtigte Propagandatruppe mit engen Verbindungen zu Vizepräsident Cheney, die da eingerichtet wurde. Das OSP war verantwortlich für viele der aufgeblasenen Geschichten über Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen. "Der bescheuertste Typ auf diesem Planeten" nannte Tommy Franks, einst Oberkommandierender der US-Truppen im Irak, den Staatssekretär.

Es war dieser, inzwischen zurückgetretene Feith, der Franklin als Iran-Experten im OSP angestellt hatte. Für den galt die Mullah-Republik als das "gefährlichste Land der Welt" - eine Überzeugung, die Rosen aus ganzem Herzen teilte. Im Februar 2003 trafen sich die beiden zum ersten Mal. Der "Pentagon-Kerl", lobte der Lobbyist später, sei ein "echter Insider". Rosen und Franklin wollten nicht, dass ihr "Lieblingsland" vergessen wird.

Die Mitarbeiter von Feith glaubten, dass es in Bagdad Blumen für die Befreier regnen werde und fassten bereits das nächste Ziel ins Auge. Eifrig suchten sie nach "Beweisen" gegen das Mullah-Regime. Da traf es sich, dass auch iranische Regimegegner und Nachrichtenhändler ihre Hilfe anboten.

Im Dezember 2001 war Franklin mit einer Abordnung des OSP nach Rom gefahren, um einen Exil-Iraner namens Manutschehr Ghorbanifar zu treffen. Ghorbanifar war bei der CIA als notorischer Angeber aktenkundig, eine sogenannte burn notice warnte jeden US-Beamten vor dem einstigen Waffenhändler, der sich schon im Iran-Contra-Skandal unter Ronald Reagan einen schlechten Namen gemacht hatte.

Die Pentagon-Falken aber zeigten keine Berührungsängste, und Ghorbanifar drängte in Rom, gleich mit beiden US-Feinden aufzuräumen: Man könne doch die Millionen, die Saddam Hussein gebunkert habe, zur Finanzierung der iranischen Opposition nutzen, die damit für den Sturz der Mullahs in Teheran sorgen sollte. Regime Change zum Nulltarif sei machbar und dringend nötig: Die Mullahs planten bereits Anschläge gegen die US-Truppen.

Anschläge finden nicht statt, Teheran zeigte sich damals eher kooperationsbereit und bot sogar Hilfe bei der Rettung von in Afghanistan abgeschossenen US-Piloten an. Im Frühjahr 2003 beobachteten FBI-Agenten eine Reihe von Treffen zwischen den Aipac-Lobbyisten und Franklin. Schließlich hatte Franklin einen Leckerbissen für seinen Freund Rosen: Details eines streng geheimen Entwurfs des Präsidenten-Erlasses für eine neue Iran-Politik.

Der Inhalt ist bis heute nicht bekannt, aber den Pentagon-Falken war er anscheinend nicht scharf genug. So kam es am 14. Februar 2003 zu einem weiteren Treffen, bei dem die Lobbyisten und Franklin einen kühnen Plan diskutierten. Franklin sollte aus dem Pentagon heraus in den Nationalen Sicherheitsrat (NSC) im Weißen Haus eingeschleust werden, um ganz nah bei Bush eine harte Linie gegen Iran durchzusetzen. "Da sitzen Sie dem Präsidenten auf dem Schoß", schmeichelte Rosen. Franklin bat die mächtige Aipac, ein gutes Wort für seine Versetzung einzulegen. "Ich tue, was ich kann", versprach Rosen.

Aus dem Plan wurde nichts, das Weiße Haus war vom FBI über die Ermittlungen gegen Franklin informiert worden. Im Juni 2004 durchsuchten FBI-Agenten sein Büro und sein Haus, angeblich fanden sie 83 als geheim eingestufte Dokumente. Er gestand rasch und willigte ein, die Lobbyisten und ihre Kontaktleute bei der israelischen Botschaft in die Falle zu locken.

Gerade hatte der Enthüllungsjournalist Seymour Hersh im "New Yorker" über den Einsatz israelischer Geheimagenten im Nordirak berichtet. Franklin bat nun Keith Weissman um ein Treffen, diesmal gehe es um Leben und Tod. Die US-Regierung wisse von einem Plan Irans, die Mossad-Leute zu ermorden, behauptete er, die Sache sei brandheiß. Weissman raste zurück ins Büro. Kurz darauf hörte das FBI mit, als die beiden Aipac-Lobbyisten den israelischen Diplomaten Naor Gilon anriefen. Die Falle war zugeschnappt.

Es roch nach einem ganz großen Skandal, die Medien berichteten von einem "israelischen Maulwurf" im Pentagon. Das FBI lud die Aipac-Chefs vor, und Jerusalems Botschafter Ayalon musste wieder und wieder versichern, dass sein Land den treuen Freund nicht ausspioniert habe.

Heute dagegen, gut zwei Jahre nach dem FBI-Coup, geht es nur noch um Rosen und Weissman. Aipac hat inzwischen die Zahlungen für ihre Anwälte eingestellt, es riecht nach einem - in den USA durchaus üblichen - Justiz-Deal: Aipac opfert seinen Star und entgeht auf diese Weise weiteren Anklagen und bösen Schlagzeilen.

Und eigentlich wäre ein solcher Deal auch ganz nach Rosens Geschmack: "Eine Lobby", hat er einmal gesagt, "ist ein Schattengewächs: Es blüht im Dunkeln und stirbt in der Sonne."

GEORG MASCOLO (138)