Zeitgeschichte 2005

NJ Logo  
site search by freefind Detailsuche

Wird Israel von einem Holocaust-Beben heimgesucht?

Israels Existenz wird alleine durch den Holocaust "gerechtfertigt". Die Palästinenser wollen diese Tatsache zu ihrer schärfsten Waffe schmieden, verlautete es aus der Umgebung der neuen palästinensischen Regierung.

Moshe Zimmermann, Direktor des Richard-Koeber-Centers for German History an der Hebräischen Universität Jerusalem, zeigte sich besorgt über die israelische "Instrumentalisierung" des Holocaust. Dabei ist zunächst interessant, daß Zimmermann unverblümt zugibt, daß der Holocaust von jüdischer Seite "instrumentalisiert" wird, was in der BRD als "Volksverhetzung gilt. Jedenfalls sieht Zimmermann die strafrechtlich geschützte Holocaust-Erzählung durch ihre "Universalisierung" gefährdet, weil die "Universalierung" am Ende eine historische Untersuchung der jüdischen "Märtyrer-Geschichte" erzwingen könnte. Zimmermann: "Am Ende dieser Universalisierung könnte die Shoah im allgemeinen Kontext des Zweiten Weltkrieges oder des Rassismus behandelt und als Erinnerung analysiert, eingeprägt und begriffen werden, statt allein im jüdischen Zusammenhang." (1)

Moshe Zimmermann gibt sogar unverblümt zu, daß eine historische Behandlung der Holoaust-Geschichte, also eine freie Untersuchung, ohne die Abschirmung des Strafgesetzes, nicht im "Sinne Israels" sein könne: "Am Ende könnte also diese Universalisierung zur Anwendung von Kriterien oder Analogien führen, die nicht im Sinne der israelischen Zielvorstellungen liegen." (2)

Das erinnert an den ehemaligen Spiegel-Redakteur Heinz Höhne, der eine Antwort auf die Frage gab, was wohl von den "religiösen Vorstellungen" und vom "Bild der faschistischen Schreckensherrschaft" ohne den Schutz des Strafgesetzes übrig bleiben würde: "Wenn aber Historiker mit ihren Forschungen diese manichäischen (religiösen) Vorstellungen von Gut und Böse ankratzten, gerieten sie leicht auf ein Minenfeld der Tabus und Denkverbote, wo eine bizarre Koalition von Volkspädagogen, selbsternannten »Oberrichtern über Geschichte« und Tugendbolden der political correctness mißtrauisch über ihre Art der historischen Wahrheit wacht. Sie treibt der bohrende Verdacht um, daß bei der bekannten Revisionslust der professionellen Historiographie schließlich kaum noch etwas übrigbleiben werde von dem einst so geschlossenen Bild der faschistischen Schreckensherrschaft." (3)

Moshe Zimmermann sieht diese für das Judentum und Israel unheilvolle Entwicklung bereits am Horizont heraufziehen. Neu ist, daß er allen ernstes den Holocaust als eine "spezifische Geschichtsinterpretation" der Juden bezeichnet, die erfolgreich "universaliert" wurde: "Und tatsächlich ließ sich diese spezifische Geschichtsinterpretation in den letzten Jahren universalisieren - die Art, wie die Shoah der Juden seit 'Schindlers Liste' universell zum Allgemeingut geworden ist, deutet auf diesen israelischen Erfolg hin." (4)

Es handelt sich bei der jüdischen "Märtyrer-Geschichte" Holocaust offenbar um eine "spezielle Geschichtsinterpretation", die vor allem mit dem Strafgesetz abgesichert wird, könnten viele meinen.

Auf was Zimmermann wirklich hinaus wollte, bei seiner sorgenvollen Betrachtung der Holocaust-Zukunft, ist, daß Israel seine "Existenzberechtung" auf das Fundament und den Grundpfeiler der Holocaust-Geschichte gebaut hat. "Für Israel fungiert die Shoah als Grundpfeiler der Existenzberechtigung und der Selbstwahrnehmung." (5)

Zimmermann weiß, daß auch die Araber, besonders die Palästinenser glauben, daß Israel dann aufhöre zu existieren, wenn die Holocaust-Geschichte einem freien Revisionismus unterzogen werde.

1-2: Süddeutsche Zeitung, 16.3.2005, S. 13
3: Heinz Höhne, Gebt mir vier Jahre Zeit,Ullstein, Berlin-Frankfurt 1996. S. 8.
4-5: Süddeutsche Zeitung, 16.3.2005, S. 13