Globalismus 2005

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Bereicherungsexzesse des
Heuschrecken-Managements der
deutschen Aktiengesellschaften

Die sogenannten Manager sind die ausführenden Handlanger der "Heuschrecken". Sie werden mit unvorstellbaren Beträgen vollgestopft, um das Vernichtungswerk der Globalisten durchzusetzen. Es geht im Kern darum: Ein paar wenige auserwählte Heuschrecken wollen die Welt regieren, indem sie sich sämtliche Volks- und Staatsvermögen mit den "Anlage- und Privatisierungstricks" unter die Nägel reißen. Ihr Plan: 80 Prozent der Weltbevölkerung soll in Armut, ohne Arbeit leben. 20 Prozent weltweite Beschäftigte und Konsumenten reichen für sie aus, immer reicher und reicher zu werden. Armutsmassen können ohnehin leicht unter Kontrolle gehalten werden, da sie sich nicht mehr wehren können. Das Heuschrecken-Konzept scheint aufzugehen, die Politiker sind zu reinen Laufburschen der Globalisten verkommen. Die Parlamente fungieren quasi nur noch als Unterzeichnungsbüros für die Abfress-Konzepte der Heuschrecken. Man bedenke, daß die BRD den Heuschrecken das Privileg der Steuerfreiheit geschenkt hat. D.h., Betriebe werden mit dem Restgeld der Massen, das auf den Banken liegt, aufgekauft. Dann zerschlagen sie das mit Krediten, dem Spargeld der Massen, gekaufte Unternehmen und entlassen etwa 70 Prozent der Belegschaft. Sobald die Nachricht nach draußen dringt, daß die Arbeitsplätze vernichtet bzw. die Beschäftigten auf die Straße gesetzt wurden, steigt bekanntlich der Aktienkurs steil an (das ist das Wahrzeichen der Heuschreckenzeit: Armut der Beschäftigten bedeutet unermeßlichen Reichtum der Globalisten). Nachdem der Profit durch den vorübergehend erhöhten Aktienkurs eingestrichen ist, werden die einzelnen Betriebsanteile wiederum verscherbelt, was den Heuschrecken einen weiteren Geldsegen beschehrt. Tatsächlich hat die Bundesregierung den Heuschrecken vollkommene Steuerfreiheit beim Verkauf der abgefressenen und zerschlagenen Betriebe gewährt. Leute rettet euch vor diesen Typen, vor diesen Politikern, sie sind schlimmer als die Heuschrecken.

Die Welt, 11.5.2005, Seite 15

Manager machen dicke Backen

Die Kapitalismus-Kritik bekämpft nicht die Marktwirtschaft, sondern die ökonomistische Ideologie - Debatte

von Hans-Peter Bartels

Die neue Kapitalismuskritik ist ganz anders als die alte. "Ausbeutung" wird akzeptiert. "Entfremdung" ist kein Thema mehr. "Profit" muß schon sein. Von der "Expropriation der Expropriateure" ist nirgendwo die Rede. Nicht die Marktwirtschaft als Organisationsidee steht in Frage, sondern die zunehmende Radikalisierung der kapitalistischen Praxis.

Seit dem Ende des großen Systemkonflikts zwischen kommunistischer Diktatur und liberaler Demokratie, zwischen Kommandowirtschaft und Marktökonomie, seit 1990 führt sich das Kapital tatsächlich immer rabiater als Sieger der Geschichte auf. Der sozialstaatliche Kompromiß - das war einmal. Wirtschaftswissenschaft, Wirtschaftsverbände und Wirtschaftspublizistik propagieren mehr und mehr eine entgrenzte Ökonomie, befreit von den Fesseln der Systemkonkurrenz, der National- wie auch der Sozialstaatlichkeit. Der Mehraufwand einer "sozialen" Marktwirtschaft wird zum Kostenfaktor, den man sich im härter werdenden globalen Wettbewerb einfach nicht mehr leisten kann, so die inzwischen vorherrschende Meinung.

Dagegen gab es immer Kritik, von der sozialdemokratischen Linken, von Gewerkschaftern, von besorgten Konservativen und auch von Kirchenleuten beider Konfessionen. Ein Interview in der "Taz" vom 7. Oktober 2004 ist überschrieben: "Die CDU hört auf ein neoliberales Meinungskartell," sagt Heiner Geißler. Aber Geißler regt niemanden mehr auf. Müntefering regt auf.

Was ist der Gegenstand der neuen Kritik am "Kapitalismus"? Sechs Punkte:

Erstens ist der Führungsanspruch der Ökonomie gegenüber jedem anderen Bereich der Gesellschaft zu kritisieren. Über den Leisten ökonomischer Rationalität (nach der jeweils neuesten Mode) sollen Wissenschaft und Politik, Militär und Medien, Familien- und Gemeindeleben geschlagen werden. Diese wahnhafte Lehre vom Primat der wirtschaftlichen Sphäre ist nicht nur anmaßend, sondern auch dysfunktional. Zu Recht hat schon Schumpeter auf die "außerökonomischen Quellen" des Kapitalismus verwiesen. Keine Produktion ohne Reproduktion.

Zweitens bedroht der Kreuzzug des politisierenden Kapitals gegen "den Staat" die Entfaltungsbedingungen einer modernen, global konkurrierenden Wirtschaft selbst. Das neokapitalistische Credo "Je weniger Staat, desto besser" gründet weniger auf Erfahrung als vielmehr auf einer Uraltideologie. Kooperation und Interdependenz von Staat und Wirtschaft sind nicht das Problem, sondern die Lösung.

Drittens verstört die Maßlosigkeit der Forderungen und Drohungen aus dem Unternehmerlager zusehends das arbeitende und konsumierende deutsche Publikum. Aus der Perspektive der Fonds und Aktiengesellschaften und ihrer Trittbrettfahrer und Berater ist hierzulande noch jeder Lohn zu hoch, jede Arbeitszeit zu kurz, jede Steuer zu drückend, jeder Sozialversicherungsbeitrag eine Strafe, jede Belegschaft zu groß und jede staatliche Regelung eine Sünde wider die Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig wird mit der Verlagerung von Produktion und Gewinnen an sympathischere Standorte im näheren und ferneren Osten gedroht. Zynisch könnte man dazu anmerken, daß in manchen dieser so hoch gelobten Länder auf Steuerhinterziehung für Unternehmer Arbeitslager (in Rußland) und auf Korruption für Manager die Todesstrafe steht (in China), allerdings ohne ein rechtsstaatliches Verfahren.

Viertens könnte man den triumphierenden Wirtschaftseliten, die gegenwärtig so dicke Backen machen, all die Pleiten und Firmentragödien entgegenhalten, die reichlich Belege für die Irrationalität des entfesselten, spekulativen Kapitalismus liefern: Kirch und Schneider, EM-TV und Mobilcom, Enron und ...

Fünftens machen die Bereicherungsexzesse des Managements der deutschen Aktiengesellschaften gar keinen guten Eindruck in Zeiten von Massenentlassungen, von Lohn- und Sozialdumping. Die vier Vorstände der Deutschen Bank etwa verdienten im Jahr 2002 gemeinsam gut sechsmal soviel wie unsere ganze Bundesregierung. Und die 13 Vorstände von Daimler-Chrysler bekamen zur gleichen Zeit soviel wie alle 603 Bundestagsabgeordneten zusammen. Das durchschnittliche Jahresgehalt eines Vorstandsmitglieds in einem der 30 Dax-Unternehmen betrug 2002 (ohne weitere Aufsichtsratsvergütungen, Aktienoptionen und so weiter) das 52fache des durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommens (26.374 Euro), Tendenz stark steigend.

Sechstens haben Arbeitnehmer und Rentner, Arbeitslose und Kranke inzwischen genug an "Vorleistungen" für die Verbesserung der "Rahmenbedingungen" unserer krisengeschüttelten Exportweltmeister-Ökonomie erbracht. Jetzt muß, im "Spiegel"-Jargon gesprochen, die Wirtschaft liefern. Bei prächtig aufgeschossenen Gewinnen - die Dax-Unternehmen schütten dieses Jahr 40 Prozent mehr Dividende aus als 2004 - sollten nun neue Arbeitsplätze entstehen und die Reallöhne wieder steigen.

Darum geht es in der neuen Kapitalismusdebatte: um die Rückkehr zu den Prinzipien einer sozialen Marktwirtschaft.

Der Autor ist SPD-Bundestagsabgeordneter. Von ihm erschien kürzlich das Buch "Victory-Kapitalismus. Wie eine Ideologie uns entmündigt" (Verlag Kiepenheuer und Witsch)