Das Mahnmal nicht in Frage stellen

Zu: "Mahnmal-Eklat: Thierse ruft zur Mäßigung auf"; WELT vom 9. März und "Peter Eisenman erzählt einen Witz", WELT vom 8. März.

Ein Witz ist normalerweise dazu da, Probleme in unterhaltsamer Form zu verarbeiten und ihnen die Schärfe zu nehmen, so dass die Psyche entlastet wird. Herr Eisenman hat einen Witz gemacht und wurde sofort angegriffen. Warum? Er hat lediglich menschliche Schwächen aufs Korn genommen. Wer das nicht wahrhaben will, konstruiert nicht nur für sich ein überdimensiertes Opferbewusstsein, sondern unterstellt dem Juden Eisenman die Verunglimpfung von Juden.

Die Geschichtsbewahrungsaufgabe des Herrn Nachama in allen Ehren, aber ist es wirklich Sinn des Geschichtsbewusstseins, ehrfürchtig wie gelähmt vor der Geschichte zu verharren und ständig Angst zu haben, irgend etwas falsch zu machen. Brenner, Nachama und andere sollten mal Witzbücher von Juden über Juden lesen. Es ist besser, mit einem Witz ein Ventil zu schaffen, Geschichte aufzuarbeiten, als alles in sich hineinzufressen, bis es schauerlich explodiert. Wenn Juden und Nichtjuden zu einem entspannten Verhältnis kommen wollen, sind solche Witze wie die des Peter Eisenman sogar sehr wichtig.

Die optimistische Souveränität, die der New Yorker Architekt uns darbietet, haben viele Leute in diesem Land bitter nötig. Die Leute, die unermüdlich die Political-Correctness-Keule schwingen und die profesionell darin sind, anderen permanent ein schlechtes Gewissen zu bereiten, sollten mal daraufhin geprüft werden, welchen Nutzen sie von solchen Anklagen haben.

Im Allgemeinen sind die Leute, die in der Öffentlichkeit mal einen in der Regel zweideutigen Witz machen, viel ungefährlicher und moralisch gefestigter als diejenigen, die ihre wahren Abgründe hinter einer politisch korrekten Maske der Heuchelei verbergen.

Claudia Bach, Berlin