Globalismus 2004

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Globalismus: "Neue, attraktive Arbeitsplätze entstehen
nicht innerhalb, sondern außerhalb Deutschlands"

Wie sich die Globalisten an unserer totalen Verelendung immer mehr bereichern - mit Unterstützung der Politik: 

Das mobile Kapital hat sich längst aus dem sozialstaatlich regulierten Kapitalismus verabschiedet und den transnationalen Raum erobert. Seine Macht gegenüber den nationalen Wohlfahrts-staaten beruht paradoxerweise gerade darauf, nicht zu investieren -jedenfalls nicht hier, sondern dort. Also auch nicht hier, sondern, dort neue Arbeitsplätze zu schaffen. Was bedeutet das eigentlich, wenn die "deutsche" Wirtschaft boomt, aber in Deutschland weder neue Arbeitsplätze schafft noch Steuern zahlt?

Süddeutsche Zeitung, 16.01.2004, Seite 11

Orwell lässt grüßen

"Rückschritt ist Innovation" / Von Ulrich Beck

Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke - dies sind die Parolen, so George Orwell in seinem Roman "1984", die in schönen Buchstaben in die weißen Fassaden des "Wahrheitsministeriums" eingemeißelt sind. Die SPD-Regierung tauft das Wahrheitsministerium gerade in ein "Innovationsministerium" um, an dem in Neonlichtinschrift der SPD-Wahlspruch "Rückschritt ist Innovation" leuchten soll. Orwell hat vorgedacht, was Schröder entdeckt: Machterweiterung durch "Doppeldenk".

Man nehme einen Begriff, der verheißungsvoll funkelt, zum Beispiel "Demokratie", "Frieden", "Innovation", "Bildung" und unterlege ihn mit der Gegenbedeutung. Auf diese Weise wird ein neuer Machtraum eröffnet, indem schizophrene Denkweisen und Handlungsformen etabliert werden. ...

Doch das mobile Kapital hat sich längst aus dem sozialstaatlich regulierten Kapitalismus verabschiedet und den transnationalen Raum erobert. Seine Macht gegenüber den nationalen Wohlfahrtsstaaten beruht paradoxerweise gerade darauf, nicht zu investieren -jedenfalls nicht hier, sondern dort. Also auch nicht hier, sondern, dort neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wer auf den Ausbau der "Dienstleistungsgesellschaft" setzt, vertraut auf die Grenzen der nationalen Dienstleistungsgesellschaft. Und auch wer "jobless growth" und den "Export von Arbeitsplätzen" anprangert, nimmt die Wirklichkeit noch immer in nationalstaatlichen Begriffen wahr. Im besten Fall wird es ein Wirtschaftswachstum geben, das vielleicht sogar neue, attraktive Arbeitsplätze erfordert. Diese aber entstehen in der entgrenzten Wirtschaft dann nicht innerhalb, sondern außerhalb Deutschlands, also in Indien, China, Polen und so weiter.

"Kein Ende in Sicht für Amerikas 'jobless recovery'" [wirtschaftliche Gesundung ohne Arbeitsplätze], titelte die Financial Times am Wochenende. Die Ökonomen erwarteten, dass 150.000 Jobs im Dezember geschaffen würden. Tatsächlich entstanden dagegen nur 1000 - sie mussten von Monat zu Monat ihre Voraussagen nach unten revidieren. Das Internet macht es möglich, Dienstleistungen per Mausklick zu exportieren. Das gilt zunehmend für alle möglichen Berufe, quer zur Qualifikationshierarchie, also für Radiologen ebenso wie für Software-Ingenieure oder Wirtschaftsanalysten etc. Eine New Yorker Sicherheitsfirma plant in den nächsten drei Jahren achthundert Software-Ingenieure, die zirka 150 000 Dollar pro Jahr verdienen, zu ersetzen durch ein gleichkompetentes Team in Indien, wo der durchschnittliche Verdienst 20000 Dollar beträgt.

In dem Maße, in dem in anderen Ländern und Kontinenten einerseits das Ausbildungsniveau steigt, andererseits die Lohnkosten um ein Vielfaches niedriger liegen, müssen und werden Konzerne, aber auch mittelständische Betriebe mehr und mehr transnational denken und agieren. Sie können es sich schlichtweg ökonomisch nicht leisten, diese gewinnbringenden Konkurrenzvorteile nicht zu nutzen. Kaum einer aber wagt bislang auch nur die Frage aufzuwerfen:

Was bedeutet das eigentlich, wenn die "deutsche" Wirtschaft boomt, aber in Deutschland weder neue Arbeitsplätze schafft noch Steuern zahlt?

Das ist eine der vielen Denkfehler der Schröderschen Regierung: Die Prämissen der "Innovationsoffensive" sind veraltet und insofern untauglich, das Kardinalversprechen einzulösen, die Arbeitslosigkeit zu überwinden. Das erfordert mehr Realitätsnähe, einen Begriffswandel und ein Denken in Alternativen, von dem in der SPD nichts zu bemerken ist. Indessen liegt die so genannte "deutsche Krankheit" wohl vor allem in diesem fast schon klinischen Wirklichkeitsverlust begründet, unter dem gerade auch Schröder leidet.

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Um es zuzuspitzen: Die ungezählten Milliarden, die die so genannten "deutschen" Konzerne (wie Siemens) in den letzten Jahrzehnten vom deutschen Steuerzahler erhalten haben - übrigens: vor allem für großtechnologische Innovationen! -, haben die Emanzipation der Wirtschaftsgiganten von Deutschland vorangetrieben. Es gibt die "Industrienation", in deren Vorstellungswelt und Namen der SPD-Kanzler auch jetzt wieder jenseits des Parlaments in Form des "Innovationsrates" management-erprobte "Innovationsgeneräle" zur "Innovationsoffensive" zusammentrommelt, schon lange nicht mehr. Wahrlich "innovativ" wäre es dagegen, die programmatisch total ausgezehrte SPD oder sogar das ganze Land mit der Frage zu konfrontieren: Wie wird transnationale Politik möglich?

Zuletzt erschien von Ulrich Beck: "Macht und Gegenmacht im globalen Zeitalter - Neue weltpolitische Ökonomie ", Suhrkamp- Verlag. <Ende SZ>

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