Politik 2003

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Belgiens Demokratie,
Vorbild für Siegerjustiz und Täterschutz?

Nicht nur, daß in Belgien die organisierten Kinderhändler-Ringe ihr Unwesen ungeniert treiben, hat die kleine "Vorbild"-Demokratie es auf sich genommen, den Maßstab für die seit "Nürnberg" praktizierte Siegerjustiz einmal mehr zu unterstreichen. Kriegsverbrecher sind demnach immer nur jene Staatschefs, deren Länder von Amerika oder Israel als Feinde erklärt, angegriffen oder besiegt worden sind. Nach diesem bemerkenswerten Rechtskonzept dürfen die siegreichen Kriegsverbrecher (sofern es sich um Amerikaner oder Israelis handelt) selbstverständlich über die Kriegsverlierer richten. Die Verbrechen der usraelischen Sieger werden in westlichen Demokratien "Befreiung" genannt, der bewaffnete Widerstand der Verlierer gilt als "Völkermord" bzw. "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Daraus erfolgen Schauprozesse in denen die Siegerverbrechen zu "Menschenrechts-Einsätzen" umgebogen und umgelogen werden. Diese hohe Moral des Zivilisationsbruchs feierte 1945/46 mit dem "Terrortribunal der Siegermächte" in Nürnberg" gegen die besiegten Deutschen Premiere.

24. Juni 2003 Die Welt Seite 5
Belgiens Regierung ändert umstrittenes Gesetz - auch im eigenen Interesse

von Katja Ridderbusch

Brüssel - Eigenlob hat einen schalen Nachgeschmack, und wer dann auch noch den eigenen Anspruch nicht einhalten kann, der droht sich mächtig zu blamieren. Das musste jetzt Belgiens Außenminister Louis Michel erfahren. "Besser konnten wir es nicht machen", echauffierte sich der untersetzte Wallone kürzlich. Er bezog sich auf das belgische Kriegsverbrechergesetz, dessen universeller Anspruch den heftigen Zorn der USA erregt und das die belgische Regierung daraufhin im April abgeschwächt hatte. Damit nicht genug; Michel meinte auch Donald Rumsfeld, den ausgefuchsten amerikanischen Verteidigungsminister, belehren zu müssen. Der nämlich hatte beim Treffen mit seinen Amtskollegen vor zehn Tagen Brüssel als Sitz der Nato in Frage gestellt. "Ich möchte für Herrn Rumsfeld noch einmal wiederholen, dass Belgien das Kriegsverbrechergesetz bereits geändert hat", sagte Michel.

Markige Worte. Doch wenige Tage später musste die belgische Regierung beidrehen. Premier Guy Verhofstadt kündigte eine weitere Änderung des Gesetzes an, die zweite. Künftig soll das Gesetz nur noch gelten, wenn der mutmaßliche Täter Belgier ist oder in Belgien lebt. Oder wenn das Opfer der Straftaten Belgier ist oder seit drei Jahren in Belgien lebt. Ursprünglich sah das Gesetz, eingeführt 1993, dass unabhängig vom Herkunftsland der Täter und unabhängig vom Ort der begangenen Taten Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord in Belgien verfolgt werden können.

Die Namen der bislang Angeklagten bilden eine prominente Reihe von Spitzenpolitikern aus den USA und verbündeten Nationen: George Bush, der Ältere und der Jüngere. Vizepräsident Dick Cheney. General Tommy Franks, Oberkommandierender im Irak-Krieg 2003. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon. Der britische Premierminister Tony Blair.

Nach der ersten Änderung im April sollten in Belgien nur diejenigen strafrechtlich verfolgt werden können, deren Heimatländer kein demokratisches Rechtssystem aufweisen. Andernfalls sollte Belgien die Klage an die betreffen Länder weiterleiten.

Donald Rumsfeld hatte mit gewohnter Lust an der Provokation gesagt, das Gesetz lasse "Zweifel aufkommen, ob Belgien als Gastland noch länger geeignet ist". Es sei nun an der Regierung in Brüssel, eine Entscheidung zu treffen. Das tat sie, und Louis Michel führte anschließend mit großer transatlantischer Geste ein klärendes Gespräch mit Nato-Generalsekretär George Robertson. Die Motive des Ministers indes mögen nicht ohne Eigennutz gewesen sein. Denn seit Freitag läuft gegen Michel selbst eine Klage, die sich auf das umstrittene Gesetz beruft: Die Oppositionspartei Neu-Flämische Allianz machte geltend, Michel habe sich mit seiner Genehmigung für den Verkauf von 5500 Maschinengewehren nach Nepal mitschuldig an den Verbrechen der dortigen Polizei gemacht. Einen Tag nach Eingang der Klage einigte sich die belgische Regierung auf die zweite Änderung des Gesetzes. Wehe dem, der da am Zufall zweifelt.


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