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Erstveröffentlichung dieses Artikels: 22/06/2021 - Quelle: NJ-Autoren

Vor 80 Jahren begann mit dem "Unternehmen Barbarossa" der Höhepunkt des deutschen Heldenkampfes für Europa

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Ohne Hitlers Präventivschlag gegen die Sowjetunion, der mit dem Angriff auf die sowjetischen Truppen am 22. Juni 1941 begann, hätte Stalin mehr als ein Dutzend europäischer Länder mit quasi einem Schlag  besetzen können, um sich Deutschlands und seiner Verbündeten zu entledigen: Restpolen, die Tschechei, Österreich, Italien, Ungarn, Rumänien, Jugoslawien, Griechenland, Bulgarien, Dänemark, Norwegen, Belgien, Holland, Luxemburg, Frankreich, Franco-Spanien... Bis zum Atlantik würden sie auftauchen, Stalins Flieger mit gepanzerten Rümpfen, die zweisitzigen Flugmaschinen mit seitwärts ausgestellten Viererkabinen für insgesamt eine Million Fallschirmjäger, Stalins flugfähige Panzer... Konnte der Kremlchef sich eine Gelegenheit dieser Art, schnell Herr über den begehrten Kontinent zu werden, entgehen lassen?

Selbst DER SPIEGEL erkannte diese historische Tatsache 1989 an: "Der einstige Generalstäbler und Offizier des sowjetischen militärischen Geheimdienstes Viktor Suworow begreift nicht, 'warum man Hitler für einen Aggressor hält, Stalin dagegen für ein Opfer'. In seinem Buch »Der Eisbrecher. Hitler in Stalins Kalkül« vertritt der Autor, der sich 1978 nach England abgesetzt hat, die These vom Präventivkrieg, wonach Deutschland einem Angriff der Sowjets zuvorgekommen ist. Suworow behauptet: 'Als die Faschisten an die Macht gelangt waren, hat Stalin sie beharrlich und nachdrücklich in den Krieg gehetzt. Den Gipfel dieser Bemühungen stellt der Molotow-Ribbentrop-Pakt dar. Mit diesem Pakt garantierte Stalin Hitler Handlungsfreiheit in Europa und öffnete im Grunde genommen die Schleusen für den Zweiten Weltkrieg. Es gibt mehrere Hinweise, dass der Termin für die sowjetische Operation »Gewitter« (Suworow meint damit den Angriff auf Deutschland. -Red.) auf den 6. Juli 1941 festgesetzt war. Am 22. Juni 1941 hat Hitler den sowjetischen Kriegsplan vereitelt … Hitler hat den sowjetischen Führern nicht erlaubt, ihren Krieg so zu führen, wie sie das vorgesehen hatten'." [1]

Als am 23. August 1939 der Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop in Moskau zusammen mit seinem sowjetischen Amtskollegen Außenminister durch Michailowitsch Molotow den "Nichtangriffsvertrag zwischen Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken" - bekannt als der HITLER-STALIN-PAKT - unterzeichnete, wusste Adolf Hitler, dass dies nur eine Atempause gegenüber den gegen Deutschland eingeleiteten Kriegsanstrengungen des Westens, zusammen mit Stalins Sowjetunion, bedeutete.

Postkarte Polens Kriegsplanungen gegen Deutschland

Auf Postkarten der polnischen Volksbüchereien vom Juni 1939 war das zu erobernde deutsche Gebiet schon offiziell dargestellt worden. Eine dicke Linie zeigte die "historische Westgrenze Polens". Das polnische Territorium umfasste auf der offiziellen Postkarte die Slowakei, Tschechien, Schlesien, Pommern, Westpreußen und Ostpreußen und grenzte bis an Berlin und Dresden. Die dünne Linie markierte die "heutige Westgrenze Polens" (Juni 1939).

Im August 1939 war der Führer und Reichskanzler bis zur Selbstverleugnung bereit, den unverschämten Forderungen Polens bezüglich der geraubten deutschen Gebiete nachzugeben. Alles, was Hitler verlangte, war ein Korridor durch das von Polen geraubte deutsche Gebiet nach Danzig zu bekommen. Als die polnische Führung sich von London auch noch dazu aufhetzten ließ, Ende August deutsche Frauen und Kinder massenhaft abzuschlachten, sah sich Adolf Hitler nicht nur gezwungen, das Leben der deutschen Menschen in den von Polen geraubten Gebieten zu schützen, sondern er musste auch einem Einmarsch der polnischen Armee zuvorkommen, denn die größenwahnsinnige polnische Regierung hatte tatsächlich den Vormarsch bis nach Berlin geplant. "Am 22. August 1939 beschloss die polnische Regierung die 'Alarmmobilmachung' in den sechs an Deutschland grenzenden Korpsbezirken. Am 27. August wurde die Mobilmachung der restlichen 'Alarmeinheiten' angeordnet." [2]

Am 1. September 1939, nur fünf Stunden und 45 Minuten bevor von deutscher Seite aus zurückgeschossen wurde, verkündete der polnische Staatsrundfunk: "Die polnischen Armeeverbände befinden sich auf einem triumphalen Vormarsch nach Berlin. Unsere Streitkräfte werden an diesem Wochenende in Berlin einmarschieren. Die Deutsche Wehrmacht flieht an allen Fronten und befindet sich in totaler Auflösung." (Mitschnitte) Und der polnische Historiker Pawel Wieczorkiewicz bestätigt heute, dass Hitler mit Polen natürlich keinen Krieg wollte, sondern "bis März 1939 Polen als potentiellen Verbündeten sah. Erst die Allianz mit Großbritannien hat dies untergraben. 'Die Briten und Franzosen wussten vom Hitler-Stalin-Pakt und haben Polen mutwillig ins offene Messer laufen lassen'." [3]

Das Deutsche Reich war 1939 nicht für einen Krieg gerüstet. Selbst der Krieg gegen Polen hätte nicht länger als vier bis fünf Wochen dauern dürfen, ohne eine gewaltige Niederlage durch Materialmangel zu erleiden. "Hitler war 1939 zwar militärisch und wirtschaftlich zu einem kurzen Krieg gegen Polen in der Lage, zu mehr jedoch nicht. … Bis September 1939 gab es in keinem deutschen Wirtschaftszweig eine Produktion, die Kriegsvorbereitungen auch nur ahnen ließ. Noch im dritten Kriegsjahr gab es weder einen zentral gelenkten Rüstungsplan noch eine zentral gelenkte Rüstungsproduktion." [4]

Die damalige verantwortungslose, machtlüsterne polnische Führung ließ ihre Bevölkerung teuer, sehr teuer für ihren Zivilisationsbruch, sich gegen Deutschland in den Krieg hetzen zu lassen, bezahlen. Als Stalin seine Mordarmee in Ostpolen am 17. September 1939 einfallen ließ, beglückte er die Polen sogleich mit der Ermordung von 30.000 Soldaten und Offizieren in den Wäldern um Katyn. Diese Mordorgien dauerten an, und nach 1945 durften die Polen den sowjetischen Terror bis 1989 in vollen Zügen weiter genießen. Ja, sie bezahlten teuer für den Zivilisationsbruch. Und das polnische Schicksal hätte ohne den verzweifelten Präventivschlag Hitlers am 22. Juni 1941 ganz Westeuropa geblüht.

Adolf Hitler kam also dem geplanten Angriff Stalins auf Westeuropa am 22. Juni 1941 um nur zwei Wochen mit einem Präventivangriff zuvor. Die vorrückende Wehrmacht wurde in den befreiten Ländern wie dem Baltikum, der Ukraine und Weißrussland mit Blumen empfangen. Hitlers Wehrmacht und Waffen-SS bewahrten mit ihrem heldenhaften Einsatz gegen die Rote Armee Westeuropa vor dem Schicksal der holocaustierten Ostblockländer. Schon 1939 plante Stalin, Westeuropa zu überrennen und zu unterjochen. Er benötigte dafür eine gemeinsame Grenze mit dem Deutschen Reich, um im geeigneten Moment losschlagen und Westeuropa vereinnahmen zu können: "Es handelt sich um eine Ansprache, die Stalin am 19. August 1939 vor dem sowjetischen Politbüro in Moskau gehalten hat und in der er klar zu erkennen gab, dass er einen Pakt mit dem nationalsozialistischen Deutschland schließen werde, um Hitler zum Angriff auf Polen zu ermuntern und damit einen Krieg auszulösen. Sein Kalkül: Würden die Sowjets auf britische und französische Angebote eingehen - eine Militärmission der West-Alliierten verhandelte bereits in Moskau - dann würde Hitler Polen nicht angreifen, und der Krieg würde nicht ausbrechen. Der Krieg aber sei notwendig, weil sich der Bolschewismus unter Bedingungen des Friedens nicht nach Westen ausbreiten könne." [5]

Dr. Uri Milstein

Dass Adolf Hitler überhaupt keinen Krieg wollte, der Zweite Weltkrieg wurde ihm von Churchill und Roosevelt im Auftrag der jüdischen Plutokratie aufgezwungen, wir vom wohl unverdächtigsten Geschichtsforscher von Weltrang bestätigt. Nämlich von dem israelischen Historiker Dr. Uri Milstein. Milstein wörtlich: "Der deutsche Reichskanzler hatte Ende der 1930er Jahre keinerlei Interesse an einem Weltkrieg, ja nicht einmal an einem Krieg gegen Polen. Vielmehr sorgte er sich - und zwar zu Recht -, dass sich die Streitmächte Großbritanniens und Frankreichs, sobald diese sich den Sand des Pazifismus, den ihnen die bolschewistische Propaganda in die Augen streute, herausgewischt hatten, gegen die Westgrenze des Deutschen Reiches werfen würden und dass dann zugleich die Rote Armee der UdSSR gegen die deutsche Ostgrenze marschieren würde." [6]

Im Jahr 2006 wurden Dokumente des 20. Parteitags der KPDSU vom März 1956 freigegeben, aus denen hervorgeht, dass sogar Stalins Nachfolger Chruschtschow Stalin für den Krieg mit Deutschland verantwortlich machte. "Chruschtschow hielt den Generalissimus für ein Teil des Problems, nicht der Lösung. In einer Rede auf einer Tagung des Zentralkomitees der polnischen Kommunisten unmittelbar nach dem epochalen Moskauer 20. Parteitag räumte Chruschtschow ein: Eine vernünftig angelegte Politik hätte den Krieg vermeiden können. Stalin war der Sache des Sozialismus ergeben, aber mit barbarischen Methoden... Er hat alles Heilige ausgelöscht, das im Menschen existiert'. Die Einzelheiten seines Vortrags wirkten auf das Auditorium wie Schläge." [7]

Heut lässt Putin diese Dokumente wieder unter Verschluss halten und ehrt Stalin als den "Ritter im goldenen Siegerkranz" gegen das" böse Nazi-Deutschland". Er weiß, dass er nur mit dieser Hass- und Lügeninterpretation der Geschichte in der BRD Pluspunkte sammeln kann.

Auch der renommierte israelische Historiker Tom Segev bezieht sich auf ein von seinem Kollegen Mischa Shauli gefundenes sowjetisches Geheimdokument, das er in verschiedenen Zeitungen Israels bewertete. Am 31. August 2007 titele HAARETZ: "Was Stalin to Blame?" (Hat Stalin die Schuld?) Segev schreibt: "Mischa Shauli befand sich in den Washingtoner National Archiven und konnte kaum fassen, was er gefunden hatte. Vor Jahren schon hatte er das erste Mal von einem Dokument gehört, das beweisen würde, dass Stalin, und nicht Hitler, die Hauptverantwortung für den Zweiten Weltkrieg trüge. Vor ein paar Jahren las Shauli das Buch 'Der Eisbrecher: Wer ist für den Zweiten Weltkrieg verantwortlich?' von Bogdan Rozen. Rozen schrieb das Buch unter dem Pseudonym Viktor Suworow. Shauli war von dem Buch beeindruckt, übersetzte es ins Hebräische und organisierte die Veröffentlichung in Israel. Aus einem Ozean von Einzelheiten stieg eine schlüssige These empor: Stalin zog Hitler in den Krieg hinein, um Europa ins Chaos zu zwingen und um eine kommunistische Revolution auf dem Kontinent entfachen zu können. Shauli, 59, glaubte, dass der absolute Beweis irgendwo in den Archiven schlummerte. Er glaubte fest daran und er gab nicht auf, wiederholt danach zu suchen. Selbst an einem entlegenen Ort wie Washington suchte er. Das von Shauli gefundene Dokument befindet sich nun in seinem Besitz und die Geschichte des Zweiten Weltkriegs darf jetzt neu geschrieben werden: Stalin war schuld." [8]

Die militärische Notwehr "Barbarossa" fand unter schlechten Vorzeichen statt

Nichts fürchtete Hitler mehr, als einen Zweifrontenkrieg führen zu müssen. Sein Bemühen, mit England eine Allianz gegen den Kommunismus schließen zu können, hatte bei ihm Vorrang vor fast allen anderen politischen Zielen. Am 18. Juni 1935 unterzeichneten der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop und der britische Außenminister Samuel Hoare das Deutsch-Britische-Flottenabkommen, das eine gewaltige Unterlegenheit Deutschlands festschrieb. Hitler wollte zeigen, dass es ihm ernst war mit einer Britisch-Deutschen-Allianz, dass er keine revanchistischen Kriegsabsichten hege.

Als der deutsche Außenminister mit dem Flottenabkommen im Juni 1935 nach Berlin zurückkam, sagte Hitler gegenüber seinem Außenminister und seinem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Erich Raeder: "Das ist der glücklichste Tag meines Lebens." [9] Raeder war wegen der Festschreibung der deutschen Seekriegs-Unterlegenheit dagegen. Doch Hitler wollte mit dieser Vorleistung seine absoluten Friedensziele jenseits des Kanals weithin sichtbar machen, um damit den Grundstein für ein Bündnis zu legen. In Hitlers Vorstellung sollte Britannien die Seewege für Deutschland freihalten und Deutschland würde für Britannien das kontinentale Bollwerk gegen den Osten sein. Claudia Prinz vom Deutschen Historischen Museum Berlin bestätigt Hitlers Friedenswillen. Prinz: "Hitler sah das Flottenabkommen als ersten Schritt zu einem umfassenden Bündnis mit Großbritannien." [10]

Marie Luise Recker, Historikerin an der Universität Frankfurt unterstrich in der BAYERN-2-Sendung "Der Anfang vom Ende" vom 22. September 2014: "Hitler war England-Fan. Nicht nur, dass ihm die Briten als alte Germanen galten. Er glaubte auch, England einen Deal anbieten zu können. Also seine große Hoffnung war, dass England sich mit diesem Lebensraumkonzept anfreunden könne, das heißt, bereit sei, Deutschland eine dominierende Stellung auf dem Kontinent zuzuschreiben, während das Deutsche Reich, bzw. er selbst, Hitler, dann bereit sei, die kolonialen Ambitionen Englands zu unterstützen, bzw. dort keine eigenen Ansprüche anzumelden."

Diese Überlegungen Hitlers muss man kennen, um den tragischen Fehler und die daraus resultierenden fatalen Folgen im Zusammenhang mit Dünkirchen 1940 zu verstehen. Folgen, die das Unternehmen "Barbarossa" von vornherein schwächten.

Als die deutschen Panzer aus der Südoffensive bei Abbeville ans Meer gelangten, schwenkten sie planmäßig am Kanal nach Norden ein und erreichten am 23. Mai Boulogne und Calais. Zwei deutsche Panzercorps, die sich aus nordöstlicher Richtung näherten, vollendeten in einem Kessel um Dünkirchen die Einschließung der feindlichen Truppen; denen blieb nur noch die Evakuierung über das Meer.

In einer Operation, die die Briten "Dynamo" nannten, versuchten die Engländer alle erreichbaren Fährboote, Marineboote, Küstenschiffe etc. (bis zu 1.000 Tonnen Schiffsgewicht) listenmäßig zu erfassen. Es gelang ihnen, insgesamt 860 britische und alliierte Seefahrzeuge aller Art aufzubieten. Bis zum 4. Juni brachten sie an der englischen Küste 338.000 englische, französische und polnische Soldaten in Sicherheit. Franzosen und Polen waren zahlenmäßig schwach vertreten.

Dünkirchen

Das Britische Expeditionscorps war bereits geschlagen. Dass der Rest von etwa 340.000 Soldaten entkommen konnte, ist im Nachhinein als ein tragischer Fehler zu werten.

Das Britisches Expeditionskorps (BEF, British Expeditionary Force) lag in Trümmern an Dünkirchens Küste. Wilhelm Keitel, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, sprach vom verheerendsten Bild, das er bis dahin je gesehen und für möglich gehalten habe. "Tausende von Fahrzeugen, Geschützen und sonstigem Kriegsgerät füllten kilometerlang die Straßengräben. Es war ein schauerlicher Anblick und ein Beweis völliger Auflösung und regelrechter Flucht." [11]

Die sich bereits aufs Meer gerettet hatten, erlitten nicht weniger Schäden als die auf dem Lande: sechs Zerstörer, acht Transportschiffe, 200 kleine Schiffe wurden versenkt, und 2.000 Mann gingen mit ihnen auf den Meeresgrund (Liddell Hart). Dabei griff die deutsche Marine, die über U-Boote und Schnellboote verfügte, kaum ein. Nach Zentner gingen verloren: neun Zerstörer und Torpedoboote, fünf große Räumboote, 23 Trawler (u.a. Schiffe des Fischfangs), 9 Passagierschiffe, 3 Frachtschiffe, 6 Schlepper; und noch einiges mehr (an Lastkähnen, Motorbooten). Das waren schwere Verluste, und dennoch hält man der deutschen Führung in der Kriegsgeschichtsschreibung vor, dass sie nicht noch schwerer ausgefallen waren! Der andere Gesichtspunkt ist zutreffender: Verluste ohne großen Nutzen für den Sieger, wenn der den Sieg weder militärisch noch politisch vollenden kann!

Ohne das Entkommen des Britischen Expeditionskorps wäre es vermutlich nicht zum Krieg auf dem Balkan und zum Krieg gegen die Sowjetunion gekommen. Hätte Deutschland im Westen den Rücken freigehabt, wäre Stalin vorsichtiger gewesen, davon ist auszugehen. Wäre es so, stimmte der Kausalnexus —: ein Totalverhängnis - infolge einer einzigen militärischen Unterlassung!

In Hitlers Umgebung empfand man seine Nervosität, seine Anspannung, sein tiefes Unbehagen. Der Vorstoß seiner Panzer war ihm zu leicht gefallen, war ihm zu glatt gegangen, und er traute dem Frieden nicht. Er erkannte zudem einen mangelnden Flankenschutz. Seine Zweifel steigerten sich zum schockartigen Entsetzen, als ihn die Engländer bei Arras, ca. 75 Kilometer von Dünkirchen entfernt, mit einem Gegenangriff überraschten. Der fiel zwar schwach aus und führte zu nichts, aber Hitler fühlte seine Ängste bestätigt: In den Engländern habe er einen harten Gegner vor sich! Diese Einschätzung schien ihm zu seiner Weltkriegserfahrung zu passen.

Seine Befürchtungen und Ängste nährten sich auch von der Ungewissheit, die ihm die Pläne der Franzosen im Süden ihres Landes bereiteten. Was hatten sie vor? Waren sie schon geschlagen oder könnten sie sich neu sammeln? Auf jeden Fall müsse er ihnen gegenüber noch einmal stark auftreten!

General Gerd von Rundstedt

General Gerd von Rundstedt teilte Hitlers Einschätzung der Lage von Dünkirchen.

Der eher vorsichtige Rundstedt gab seinem Oberbefehlshaber recht. Nach dem schnellen und langen Raid seien die Panzertruppen geschwächt; sie bedürften dringend der Schonung. Hitlers Entscheidung fiel, als der Luftmarschall Göring in seinem Hauptquartier auftauchte und großspurig beteuerte, er würde die Sache mit seinen Luftflotten übernehmen und so dem Feind den Rest geben (Guderian war überzeugt davon: Görings Eitelkeit trage die Schuld an Hitlers beklagenswertem Entschluss). Nach der Panzerwaffe sollte sich jetzt die Luftwaffe auszeichnen. Hitler schien, so wird berichtet, nicht voll überzeugt von Görings Zusage; aber sie bestärkte ihn in seiner Haltung. [12]

Hitlers Stimmungslage besserte sich. Der Feldzug, den er vielleicht innerhalb von sechs Wochen beenden könnte, war für ihn bisher ein wahres Wunder. Nach einem vernünftigen Friedensschluss mit Frankreich werde er sich auch mit England verständigen; und das würde leichter gehen, wenn er zuvor nicht die Ehre des Gegners durch eine deklassierende Vernichtungsschlacht gekränkt habe. [13]

Gewiss hätte Hitler anders gehandelt, hätte er gewusst, dass die Westalliierten eines Tages gegen ihn 5.000 Schiffe über den Kanal schicken würden. In seiner Sicht war eine Feindinvasion unwahrscheinlich. Er sorgte sich um Russlands Verhalten, dachte stets an die von Stalin betriebenen Kriegspläne in Richtung Westen. Dieser Gefahr fühlte er sich eher gewachsen als den hochmodern ausgerüsteten Westmächten.

Siegte er über Russland, schlüge er dem britischen Gegner den "Festlanddegen" aus der Hand und nähme ihm den Mut, Deutschland über Frankreich anzufallen. Nach einem schnellen Sieg über den Ostgegner würde er verstärkt die Luftwaffe ausbauen und der Marine Hunderte von U-Booten verschaffen. Wäre das nicht abschreckend genug?

Ein gelungenes Barbarossa-Unternehmen (in Hitlers Kopf so aussichtsreich wie zuvor kein anderes) ließe eine geglückte oder missglückte Dünkirchen-Option als historisch gleichgültig erscheinen. Außerdem brodelte es in England. Die Mosley-Bewegung war die dominante politische Kraft geworden. Selbst die königliche Familie grüßte mit dem arischen Gruß. Viele rechneten mit einem Sturz von Churchill. Das war in den Bereich des Möglichen gerückt.

Noch dazu als Churchill nach dem Vorstoß der deutschen Panzerverbände, die am 21. Mai 1940 die Kanalküste bei Abbeville erreichten, mit dem völligen Scheitern seiner alliierten Kriegsstrategie konfrontiert wurde. Als sich bereits in den ersten Juni-Wochen die militärische Niederlage Frankreichs abzeichnete, versuchte Churchill, eine Kapitulation des Verbündeten unter allen Umständen zu verhindern. Aus diesem Grund schlug er der französischen Regierung eine französisch-britische Union vor, die Vereinigung beider Länder. In Frankreich setzten sich jedoch die Befürworter einer Kapitulation durch, die unter Marschall Philippe Pétain eine neue Regierung bildeten. Diese unterzeichnete am 22. Juni in Compiègne einen Waffenstillstand mit Deutschland. Frankreich schied aus dem Krieg aus.

Der Führer und Reichskanzler schätzte in der Nachbetrachtung die Lage falsch ein, aber zum Zeitpunkt des Geschehens war der Fehler, das britische Expeditionscorps nicht vernichtet zu haben, zumindest teilweise logisch. Eine neue Regierung in Britannien hätte dies zu würdigen gewusst und in der Bevölkerung dadurch einen festen Rückhalt gewonnen. Mit einer Vernichtung dieser britischen Armeeteile wäre ein Bündnis mit Deutschland in der britischen Öffentlichkeit nicht denkbar gewesen.

Dazu schreibt Hitler-Biograph, Professor Dr. Werner Maser: "Während Feldmarschall Gerd von Rundstedt den deutschen Panzern offenbar die Aufgabe zuordnete, die bei Dünkirchen auf ihre Evakuierung nach England wartenden Alliierten zu vernichten, nutzte Hitler das 'Panzer Halt' vom 24. Mai dazu, die Panzer zu diesem Zweck nicht wieder antreten zu lassen. Bei einem späteren Besuch bei der Heeresgruppe A, so berichtete Rundstedt, habe Hitler geäußert, dass er gehofft habe, so schneller zu einer Übereinkunft mit England zu gelangen." [14]

"Unternehmen Barbarossa"

Hitler wusste, dass Stalin in den zurückliegenden Jahren seine Armee "geköpft" hatte. Über 30. 000 Offiziere hatte er einkerkern, verschleppen, erschießen lassen. Der grausame Despot konnte die militärische Führungsschicht noch nicht wieder ersetzt haben. Da er ohnehin wegen Stalins geheimen Aufmarschvorbereitungen nicht mehr länger zuwarten konnte, würde er den Vorteil haben, dass noch nicht ausreichend neue militärische Führungskräfte "mit Proletarierschädeln und Bauerngesichtern" die alte Militärelite ersetzt hätten.

Unternehmen Barbarossa

22. Juni 1941: Die Heldenwehrmacht durchbricht alle sowjetischen Frontlinien.

Stalin hingegen war sich sicher, die Deutschen würden sich keinen Zweifrontenkrieg aufbürden. Die Russen hatten ihr militärisches Potential in den westlichen Grenzbezirken massiert, auf Angriff ausgerichtet, auf Angriff gestaffelt. Ein Heer in Angriffsformation aber können feindliche Angriffe leichter verwunden!

Hitler stand an der Spitze einer an Mann und Material wohl weit unterlegenen Armee, die dafür aber schlagkräftig und diszipliniert war. Es war vielleicht die erfahrenste Wehrmacht der Welt; Strategie und Taktik entsprachen einer modernen Kriegsführung. Die Russen würden sie erst mühsam erlernen müssen. Das waren die Überlegungen in Berlin, die absolut zutreffend waren.

Hitler verfügte über das beste strategische Konzept seiner Feldherrnlaufbahn. Es wurde den drei Hauptkategorien jeder Kriegsführung, Raum, Zeit, Kraft, auf ideale Weise gerecht. Hitler war 1941 in Deutschland (so schien es) der einzige, der die Gefahr im Osten erkannte. In ihm besaß das Deutsche Reich 1941 den führenden Mann, der fähig war, diesen denkbar kühnsten Entschluss zu fassen: den unheimlichen Feind im Osten präventiv anzugreifen. Kein bürgerlicher Politiker, kein Parteiführer, kein Feldmarschall oder General (so schien es ebenfalls) hätte die Entschlusskraft dazu gehabt.

Dennoch zeigte der deutsche Staatschef keine Überhebung, keinen Übermut; er blieb ernst, verantwortungsvoll, machte sich die Entscheidung nicht leicht, war auf alles gefasst, sprach vom schwersten Kampf in diesem Krieg, der Deutschland bevorstehe. [15]

Das "Unternehmen Barbarossa" war unter diesen Voraussetzungen kein "Vabanque-Akt", wie die meisten Historiker, auf das Kriegsergebnis fixiert, zu wissen meinen.

Hätte Hitler nur 10 Prozent von Stalins Grausamkeit besessen und hätte mit den Verrätern so abgerechnet wie es Stalin mit Kritikern tat, wäre ihm "Barbarossa" geglückt. Und so sah der "Barbarossa-Plan" aus, der dem scheinbar starken Diktator noch vor seiner Ausführung von den eigenen Leuten aus den Händen geschlagen wurde (Verrat an allen Ecken und Enden):

Das deutsche Heer sollte mit drei Heeresgruppen angreifen: im Norden über das Baltikum, in der Mitte auf Moskau zu, im Süden Russlands in Richtung Schwarzes Meer und den Kaukasus. Der mittlere Vormarsch enthielt ein Täuschungsmoment: die feindlichen Massen würden versuchen, den Weg in ihre Hauptstadt zu verbauen, müssten so, da sie sich vermutlich "stellten", in mehreren Kesselschlachten ihren Widerstand mit Tausenden Gefangenen, Verwundeten und Toten bezahlen. Danach würden die deutschen motorisierten Verbände, vor allem die Panzerdivisionen, überraschend nach Süden und Norden ausschwenken. Damit käme die Mittelfront vorerst zum Stillstand (etwa bei Smolensk), und die ratlosen Sowjets, vor den anrückenden Deutschen gerade erst verstärkt, dürften nicht riskieren, die Moskauer Verteidigungslinien zugunsten ungeplanter, gewagter Offensiven zu verlassen.

Inzwischen sollte im Norden Leningrad fallen. Die ideologische Hauptstadt der Sowjets bot dem deutschen Angreifer einmalige Eroberungschancen. Sie lag nur ca. 700 Kilometer von Ostpreußen entfernt, konnte im Westen über die anliegende Ostsee von deutschen Marineverbänden, vom Norden durch den angrenzenden finnischen Bundesgenossen, im Süden von deutschen Panzereinheiten bedroht werden.

Die Stadt würde sich, so allseitig attackiert, nicht lange halten; die Russen verlören ihre größte Panzerproduktionsstätte; die sowjetische Ostseeflotte büßte mit der nahen Insel Kronstadt ihre Zufluchtsstätte ein. Der Fall der Stadt öffnete den Schienenweg nach Norden zu den Finnen, sicherte den Nachschub zum Kampf um Murmansk. Ein schneller deutscher Panzerarm würde mehrere überrumpelte sowjetische Armeen zur Ostseeküste abdrängen und nun auch die Eisenbahnverbindung nach Moskau durchtrennen.

Gelände im Baltikum, dem in Ostpreußen ähnlich, war den Deutschen vertraut; es war flach, nur gelegentlich hügelig. Wetterfeste Straßen, wie nirgends sonst in der Sowjetunion, führten durchs Land, darunter die große "Rollbahn" von Stettin, Königsberg über Reval nach Leningrad. Überall im russischen Raum war der Schienenausbau knapp, hier im Baltikum (und auch noch nördlich davon) verliefen die Verbindungslinien der Bahn ein- oder zwei-gleisig von den größeren Hauptstädten (Libau, Windau, Riga, Reval, Narwa) ins Landesinnere, und die deutschen Angreifer konnten ihre Truppen vom Osten und Westen versorgen (falls sie auch über das Meer herankämen).

Ein Angreifer, der seinen Nachschub zügig über Straße, Schiene und See voranbrachte, besaß den Schlüssel zum Sieg!

Die Baltische Rotbannerflotte, nur rein zahlenmäßig stärker als die deutsche und finnische Flotte, manövrierte zwar schwerfällig, war schlecht bewaffnet, an Erfahrung den Angreifern unterlegen. Doch im Zuge des deutschen Vorstoßes hatte sie gute Chancen, bald die Ostsee zu beherrschen. Sie würden damit auch den Transport der kriegswichtigen schwedischen Eisenerze sichern.

Die Balten hassten die Sowjets, liebten die Deutschen; besonders die Letten und Esten hofften eine selbständige Provinz des Großdeutschen Reiches zu werden, mit neuen Schulen, Museen, Bibliotheken. Viele Balten meldeten sich freiwillig zum Kriegseinsatz auf deutscher Seite. Bald könnte man ihnen militärische Ordnungs-, Schutz- und Sicherungsaufgaben im eigenen Lande anvertrauen, so Hitlers Pläne.

Lettische Waffen-SS

Lettische Waffen-SS-Verbände kämpften heldenhaft für Hitler gegen Stalins Killertruppen!

Nach dem Fall Leningrads würde Hitler seine schnellen Panzerdivisionen dort abziehen und sie in anderen russischen Kampfzonen, besonders in Südrussland über die weiten, hügel- und waldarmen Ebenen der Ukraine vorpreschen lassen.

Neben den begeisterten baltischen Verbänden hätten deutsche Landwehrdivisionen, ältere Soldatenjahrgänge, genügt, die deutsche Front und Etappe im Norden Russlands zu schützen. Im baltischen Gebiet wäre es kaum zu einem Partisanenkrieg gekommen. Die heimtückischen Täter, die Kraftfahrzeuge und Flugzeuge anzündeten, deutsche Landser mit Sensen und Beilen hinterrücks mordeten, duldete dort die Bevölkerung nicht.

Obwohl die Deutschen nicht nach Hitlers Flügelkonzept operierten, Leningrad nicht einnahmen und die Russen aus dem nördlichen Raum bei Murmansk nicht vertreiben konnten, blieben die Partisanenzahlen in den baltischen Staaten gering - etwa 5.000 Partisanen gegenüber 400.000 in Weißrussland.

Den Führer bewog noch ein weiterer, wesentlicher Grund, im Norden Russlands aufzupassen. Mit Murmansk an der Barentssee verfügten die Russen über einen eisfreien Hafen; sie hatten ihn mit schwerer Artillerie und Spezialgranatwerfern ausgerüstet und dort 60.000 Mann stationiert. 1.415 Kilometer Murmanbahnstrecke und dem Weißmeerkanal besaßen sie eine sichere Verbindung zum Hinterland; den Hafen Archangelsk hatten sie über eine fast 500 Kilometer lange Eisenbahnlinie angebunden.

Die Westalliierten, die sich auf Island einen Stützpunkt schufen, konnten während des Krieges Flugzeuge, Panzer, Lkws liefern und benutzten dafür vom Nordmeer aus Murmansk als Anlieferungshafen. Hitler wollte ihn zusammen mit den Finnen erobern, um Stalin diese Versorgungsader zu durchschneiden.

Dabei ging er zunächst diplomatisch vor, versuchte die Finnen mit Raumgewinn auf der Halbinsel Kola zu ködern. 1939/1940 von Stalin gedemütigt und beraubt, voller Vergeltungsdrang und unter Hitlers Suggestion nicht unentschlossen, wollten sich die Finnen das Ihrige "zuzüglich Zinsen" wieder zurückholen; kampferprobte Männer hatten sie dafür.

Der finnische Präsident Ryti und der finnische Oberbefehlshaber von Mannerheim stellten indes den Deutschen eine Bedingung: die sollten zuerst Leningrad besetzen! Da der deutsche Generalstab den Kampf im Norden als "Nebenkriegsschauplatz" ansah und die motorisierten Verbände für den (strategisch falschen) Stoß auf Moskau abzog, musste sich Hitler mit der Einschließung der Stadt begnügen. Die Finnen stellten Freiwilligenverbände für die Waffen-SS.

Im Süden Russlands sollte inzwischen der strategisch noch bedeutendere Vormarsch ablaufen. Hier stand die stärkste Armee der Welt, Stalins 9. Armee, mit mehr als 3.300 Panzern und 250. 000 Mann, gegenüber der rumänischen Grenze, nicht weiter als 180 Kilometer vom Ploester Erdölgebiet entfernt, um das Hitler bangte. Der plante jetzt, den Feind an die Karpatenberge abzudrängen und ihn dort in einer dichten "Mausefalle" einzufangen. So wie im Norden die Ostseeküste die unüberwindliche Flanke des Angreifers bildete, so übernahm im Süden das Karpatengebirge rechterhand die für den Eindringling günstige Funktion. Griff er an, so kalkulierte der deutsche Feldherr, schützte die Operation nicht nur die Ölzüge aus Rumänien, sondern sie kämpfte zugleich den langen Weg in Stalins eigenes Ölgebiet frei. Aus Notwehr würde Überrumpelung und Sieg durch Angriff.

Die Wetterverhältnisse im Süden Russlands begünstigt den Angreifer: hier dauerten die Sommer länger als in Mittel- oder Nordrussland, die Winter fielen milder aus; militärische Operationen bliebe mehr Zeit.

Finnische Waffen-SS

Finnische Waffen-SS-Verbände kämpften heldenhaft für Hitler gegen Stalins Killertruppen!

Waren im Norden die Finnen Verbündete, so im Süden die Rumänen. Auf natürliche Weise drückte die geographische "Nase" des Landes in den "Unterleib" der Sowjetunion. Ein rumänischer Vorstoß über das zum Greifen nahe Odessa in Richtung Kiew - und eine deutsche Offensive im Norden Lembergs über Dubno und Rowno: sie müssten mit einem Riesenzugriff die ganze ukrainische Südfront aus den Angeln heben!

Dabei gewännen die Angreifer das Schwarze Meer, schalteten hier die russischen Flotten- und Luftstützpunkte aus - und machten das Meer zur "Basis" ihres eigenen Schiffsverkehrs: über die Donau, durch Kanäle mit dem Main und der Oder verbunden, sollten die Transporte mit Waffen, Munition, Lebensmitteln und Medikamenten zur Truppe fließen; durch das Schwarze Meer wollte Hitler das Reich über die Donau in der Odessa-Bucht bei Nikolajew mit dem Bug verbinden, bei Chersson mit dem Dnjepr, in der Bucht von Taganrog mit dem Don und Donez. So könnten sich nicht nur die Truppen in der Ukraine versorgen, sondern auch die schon weiter vorgedrungenen Verbände am unteren Don - bei Stalingrad, an der Wolga, bei Astrachan am Kaspischen Meer. Die Planer wussten: im zivilisatorisch rück ständigen Russland durften sie sich nicht nur auf Schienen und Straßen verlassen; zudem würde der Wasserweg Partisanen an heimtückischen Überfällen hindern.

Gerade auf den schnellen Vorstoß im Süden Russlands sollte alles ankommen. Stalin hatte den Kaukasus militärisch entblößt, er brauchte seine Truppen zum Angriff auf den westlichen Positionen: bei Lemberg, vor den Karpaten, an den Grenzen zu Ostpreußen und zum Generalgouvernement in Ostpolen. Die Chance, im Kaukasus auf niemanden zu stoßen, der an hoher Stelle den Widerstand organisierte, die Kampfkräfte konzentrierte und einen unerwarteten Eindringling abwehrte, würde für keinen Angreifer wiederkehren.

Hitler war versessen auf das rote Öl; zur Kriegsführung benötigte er ein Minimum von 300.000 bis 350.000 Tonnen Rohöl monatlich; Rumänien lieferte 150. 000 Tonnen. Wie die Vorräte Stalins, so reichten die Vorräte Hitlers für zwei Monate. Gelang es den Deutschen, sich (sobald wie möglich) in den Ebenen des Südkaukasus einzunisten, auf der Straße von Machatschkala an der Westküste des Kaspischen Meers nach Baku vorzudringen und die Erdölfelder unversehrt zu gewinnen, hielten sie den Sieg in den Händen!

Nicht nur wären sie dann selber des größten Problems eines modernen Bewegungskrieges, der Benzinauftankung, enthoben: mit dem Besitz der kaukasischen Ölquellen (es gab damals für die Russen keine anderen) zwängen sie den Feind in die Knie: Seine Panzer, Flugzeuge, Munitionsherstellungsmaschinen, Schiffe, Transportfahrzeuge, alle Motoren, sämtliche Industriewerke stünden still: Innerhalb weniger Wochen träte die militärische Niederlage ein, der totale Zusammenbruch des Staatswesens!

Dazu gehörte ebenso: am Westausläufer des Kaukasus die Eisenbahnlinie von Tiflis, vom Iran, blockieren - um auch hier die US-Kriegslieferungen abzuwürgen!

Das Auftauchen der Deutschen an der Nord- und Ostküste des Schwarzen Meeres würde nach den Rumänen (und den Finnen an der Ostsee) noch einen weiteren Bundesgenossen anstacheln: die Türken. Die dachten antibolschewistisch und hofften auf einen deutschen Sieg. Das Schicksal ihrer muslimischen Glaubensbrüder unter sowjetischer Knute konnte ihnen nicht gleichgültig sein; ihr nationaler Wunschtraum schloss alle zu einem großen turanischen Reich zusammen - ein Pan-Turan, mit Georgiern, Tschetschenen, Kalmücken, Armeniern, Aserbeidschanern!

Hitler mit Generalfeldmarschall von Mannerheim

Adolf Hitler reiste heimlich nach Finnland, um am 4. Juni 1942 dem finnischen Armee-Chef, Generalfeldmarschall Carl Gustaf Emil Mannerheim (rechts von ihm), zu seinem 75. Geburtstag zu gratulieren. Legendär wurde das heimlich aufgezeichnete Gespräch von Hitler. Hier zu bestellen.

Um den Traum zu verwirklichen, bedurfte es eines klaren deutschen Sieges - im Schwarzmeerraum. Dann würde die Türkei auf deutscher Seite in den Krieg ziehen, und türkische Soldaten würden zusammen mit Hunderttausenden begeisterter Kollaborateure Sicherungs- und Schutzaufgaben übernehmen, die das deutsche Heer entlasteten.

Diese Aussichten waren nicht utopisch. Hitler ließ die turkmenischen Völkergruppen gut behandeln, für ihn besaßen sie auch rassischen Wert.

Der Führer und Reichskanzler hielt noch eine letzte Trumpfkarte in der Hand, die alle anderen Trümpfe überstach: die Rolle der Japaner im großen Kriegsdrama! Kein Historiker zweifelt daran, dass die kriegerischen Tenno Anbeter die idealen Verbündeten gegen den russischen Riesen gewesen wären. Stalin hatte seine sibirische Ostfront stark entblößt, denn er war überzeugt, Nippon würde sich im Pazifikraum militärisch verwickeln und es dort mit den Amerikanern zu tun kriegen.

Hitler wollte von Anfang an, dass Japan sich am Krieg gegen Stalin beteiligte. Er wusste, er würde das dritte Versorgungsloch der Sowjets bei Wladiwostok nur mit Hilfe Nippons stopfen, das in einer Entfernung von ca. 650 Kilometern dem asiatischen Russland gegenüberlag. Soweit östlich konnte er nichts unternehmen. Der Auftritt der Japaner in Hitlers Inszenierung lieferte die Pointe des "Urplans" Barbarossas Der strategisch richtige Treffpunkt entsprach dem strategisch richtigen Zeitpunkt: Die deutschen Armeen könnten sich bis zum Oktober 1941 am Kaukasus eine feste Bastion erkämpfen; den Japanern würden bis dahin ihre Ölvorräte reichen, um mit ihrer Kwantung-Armee in Sibirien zu operieren.[16]

Der Plan des Feldherrn war genial, aber er kam nicht zum Zuge, der mögliche Sieg wurde "verschenkt". Im Süden Russlands reichten die deutschen Kräfte nicht, die Panzergruppe von der Mittelfront fehlte; Generalstabschef Halder, Panzergeneral Guderian, die führenden Generale von Bock und von Brauchitsch widersetzten sich der Schwächung der Front vor Moskau. Die 3. Panzergruppe von der Nordfront bei Leningrad konnte nicht aushelfen, denn Leningrad fiel nicht; die Heeresleitung dezimierte die Angriffskräfte zugunsten der Moskauoffensive.

22. Juni 1941 - zerstöre russische Jagdbomber

22. Juni 1941: Überall an den Frontabschnitten zerstörte russische Kampfflugzeuge durch die deutsche Luftwaffe.

Die ganze Ostluftwaffe flog gegen die Moskauer Front; die Versorgung der Truppe, besonders mit Treibstoff, konzentrierte sich auf die Heeresgruppe Mitte. Doch hier hatten die Russen ein perfektes, abschreckendes Stellungssystem errichtet: vier Verteidigungslinien aus automatischen Minenfeldern, massiven Bunkern, Drahtverhauen, Igelhindernissen, Eisenschienen, in Sand und Erde versteckten Feldstellungen. 1.000 Flakabwehrkanonen und fast 600 Jagdflugzeuge schützten die Stadt; vorn standen sechs Armeen, dahinter eine Reservefront mit weiteren fünf Armeen.

Alles sprach dagegen, hier vor Moskau anzugreifen: zu lange ungeschützte Nachschubwege, das ungünstige Klima, der schlechte Straßenzustand vor der Stadt, die undurchdringlichen Waldgebiete voller Partisanen, der hier fehlende Zugang über Fluss oder Meer. Die starken Verbündeten blieben fern, die Flanken standen offen. Die listige Ölabdrosselung, die den Gegner innerhalb kurzer Zeit mattgesetzt hätte, die große "Hebelwirkung", die dem Angreifer einen viel geringeren Kraftaufwand abverlangt hätte (verglichen mit der Kraftvergeudung vor der feindlichen Hauptstadt): diesen strategischen Kniff begriffen Hitlers hohe Militärs nicht, so verwunderlich das erscheinen mag!

Der Verlauf der Kriegsgeschichte ist bekannt. Die deutsche Großoffensive, mit letzter Kraft begonnen, blieb in den Wäldern vor der russischen Metropole stecken. In vertraulichen Gesprächen versicherte Hitler später, er habe das alles so schlimm kommen sehen! Schon in den letzten Vorkriegsjahren misstraute er der Heeresleitung und einigen Heeresgeneralen. General Guderian, auf die Unstimmigkeiten aufmerksam geworden, warnte 1939, mit einem "Riss solchen Ausmaßes in der obersten Führung« gegen die Westmächte in den Krieg zu ziehen." [17] Die Warnung war vor dem Russlandfeldzug noch dringender geboten!

Es war allerdings auch verständlich, dass sich die Heeresgeneralität im Sommer 1941 seiner Strategie verweigerte. Ein halbes Jahr zuvor hatte er sie in seiner "Barbarossanweisung" mit der vorgesetzten Moskauoperation getäuscht. Sie wussten nicht, dass er sich ihres eigenen Moskauargumentes nur bediente, um seinen eigentlichen Operationsplan geheim zu halten. Zur gleichen Zeit gestand er Halder ein, ihm sei Moskau "nicht sehr wichtig."

Im August 1941, mitten in der kriegerischen Hitze des Feldzugs, brach zwischen den Kontrahenten der Streit aus: Moskau - oder Kiew, Rostow, Kaukasus! Der Führer konnte seine Auffassung nicht verteidigen, er war krank, litt an der Ruhr mit Fieber, Schüttelfrost, Magen- und Gliederschmerzen. Nach seiner Erkrankung jedoch, im September/Oktober 1941, wäre er fähig gewesen, seine Einsicht in den Fortgang des Feldzuges neu zu behaupten! Warum gab er jetzt nicht nur nach, sondern identifizierte sich sogar mit dem Standpunkt der Gegenseite? Er erteilte den Befehl, die "Operation Taifun", den Angriff auf Moskau, am 2. Oktober zu eröffnen, und er rief seinen Soldaten zu: "Gebt dem Feind den letzten Rest, der ihn noch vor Ausbruch des Winters zerschmettern wird!"

Am 4. Oktober trat er überraschend in Berlin auf, um das Winterhilfswerk einzusetzen und verkündete: "Die neue Offensive wird das Kriegsende vor dem Winter herbeiführen!"

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Kriegsende und Sieg mit dem falschen Operationskonzept? Wie sollte das zugehen? Hatte er seine Überzeugung geändert? - Nein, natürlich nicht. Für ihn war die Flügelstrategie die einzig mögliche im russischen Raum. Warum handelte er dann "gegen seine innere Überzeugung", wie er ein Jahr später seinem Intimus Giesler bekannte? Wer oder was zwang ihn dazu, ihn, den Alleinfeldherrn, Alleinkriegsherrn? Ja, er beteuerte sogar, vorausgesehen zu haben, wie der Frontalangriff auf Moskau in der eisigen Schneekälte erstarrte! Schon immer habe er eine Phobie gegenüber Schnee gehabt! Seine Generale, sie hätten den Angriff auf Moskau angesetzt! Und er habe gegen sie nicht die notwendige Beharrung und Standfestigkeit aufgebracht! [18]

Ein paar Jahre nach dem Krieg würde der sowjetische Marschall Schukow vor privatem Kreise sagen, im Sommer 1941 sei Hitlers Strategie, im Gegensatz zum deutschen Generalstab, der unbedingt Moskau erobern wollte - "zweifellos richtig" gewesen. [19]

Genauso wenig gezweifelt an der Richtigkeit seiner Strategie hatte auch Hitler. Gegen seine bessere Einsicht gab er sie preis - gegen seine bessere Einsicht wagte er sie im kommenden Jahr, als es zu spät dazu war, aufs Neue.


1 DER SPIEGEL 10/06.03.1989
2 Horst Rhode: Hitlers erster "Blitzkrieg" und seine Auswirkungen auf Nordosteuropa. In: Klaus A. Maier, Horst Rhode, Bernd Stegemann, Hans Umbreit: Die Errichtung der Hegemonie auf dem europäischen Kontinent. DVA, Stuttgart 1979, S. 79–156, hier: Der polnische Operations- und Aufmarschplan, S. 109 f.
3 Die Welt, 20.9.2005, S. 32
4 Werner Maser, Der Wortbruch – Hitler, Stalin und der Zweite Weltkrieg, Olzog Verlag, München 1994, S. 129
5 Die Welt, 16.7.1996, S. 6
6 Dr. Uri Milstein wurde 1940 in Tel Aviv geboren und gehört zu den renommiertesten und bekanntesten israelischen Militärhistorikern und Publizisten. Das Zitat stammt aus Milsteins Aufsatz in "Deutsche Militärzeitschrift" (DMZ), Nr. 72, Nov./Dez. 2009
7 Die Welt, 14.2.2006, S. 6
8 Ha’aretz, Israel, 31 August 2007
9 DER SPIEGEL 36/05.09.1962, S. 57
10 DHM.de, (Deutsches Historisches Museum) 14. September 2014
11 Werner Maser, Keitel: Mein Leben - Pflichterfüllung bis zum Untergang, S. 272
12 Lidell Hart, Geschichte, S. 125; Below, Adjutant, S. 232
13 Liddell Hart, Geschichte, S. 125 f.; Tippelskirch, Geschichte, S. 94 f.; Dahms, Geschichte, S. 134 (Rundstedts Rolle!); Lord, Geheimnis, S. 38 (Rundstedt)
14 Werner Maser, DER WORTBRUCH. Hitler, Stalin und der Zweite Weltkrieg, Olzog Verlag, München, 1994, S. 196)
15 S. Below, Adjutant, S. 278 f.
16 Gesamtquelle: Zürner, Hitler – Feldherr wider Willen?
17 Guderian, Erinnerungen, S. 76 f.
18 Giesler, Hitler, S. 429, 425. - Sündermann, Notizen, S. 246, vermerkt: Hitlers Militärs hatten im Sept. 41 überzeugend errechnet, dass die sowjetische Widerstandskraft zerbrochen sei; da ließ der Führer sich umstimmen, "nicht ohne in einer Denkschrift seine Bedenken (gegen die Hauptstadt-Strategie) nochmals niederzulegen."
19 Zürner, Sieg, S. 165