Bayrische Landeszentrale für politische Bildung
Brienner Straße 41
80333 München
Mail vom 19.01.2008 <landeszentrale@stmuk.bayern.de>
Am 08.01.2008 veröffentlichtes Interview mit dem Pädagogen und
wissenschaftlichen Mitarbeiter Herrn Robert Sigel zum Thema
"Holocaust im Unterricht"
Sehr geehrter Herr Sigel,
sicher ist es das Ergebnis Ihrer Arbeit, dass deutsche Migrantenkinder ein
so ausgeprägtes Interesse – nein, nicht am Abziehen der Handys ihrer
deutschen Mitschüler, sondern: Na? Woran schon? Ja doch! - am Holocaust
haben. Im Gegenteil zu denen in London, zum Beispiel. Dort nämlich wurde
der Holocaust aus Sorge, er könnte deren religiöse Gefühle verletzen,
ratz-fatz aus dem Lehrplan gestrichen. Bleibt abzuwarten, wann das bei uns
der Fall ist.
Bis dahin aber müssen wir stark und auf alles gefasst sein. Zum Beispiel,
auf die Frage, wo, an welchem schrecklichen Ort Millionen Juden, das
nämlich macht die Einzigartigkeit des Holocaust aus, industriell mit Gas
ermordet wurden.
Auschwitz?!
Was antworten, wenn einer Ihrer Kleinmigranten die jüdische
Holocaustexpertin Gitta Sereny, The Times 29.08.2001, zitierte: "Warum nur
um alles in der Welt haben all diese Leute Auschwitz zu einer heiligen Kuh
gemacht ? … Auschwitz war ein schrecklicher Ort- aber es war kein
Vernichtungslager." Wenn ein Zweiter wissen will, warum Anfang der 90er
Jahre das Viermillionen-Opferschild sang- und klanglos abgeschraubt wurde?
Ein Drittinteressent darauf insistiert, pikante Einzelheiten zu erfahren,
wie britische Verhörspezialisten das Geständnis des Lagerkommandanten Höß
erfolterten und ein Vierter herausfinden möchte, ob dem SPIEGEL-Korrespondenten Fritjof Meyer zuzustimmen ist, dass in Auschwitz
500 000, eine grauenhafte Zahl, Opfer, jüdische und nichtjüdische, zu
beklagen sind, es aber auf dem Lagergelände selbst, auch nicht in den
Krematoriumsbereichen, zu keinen Vergasungen kam? Wenn sich ein Fünfter
gar danach erkundigte, warum den Lagerbesuchern eine Gaskammer vorgeführt
wird, die, Gott sei Dank, nie in Betrieb war, weil es sich um einen
Nachbau handelt, sollte die Grenze pädagogischen Verständnisses erreicht
sein. Dem Sechsten aber, der sich im Vergleich mit den technisch äußerst
aufwendigen Anlagen amerikanischer Einmann-Gashinrichtungsstätten darüber
schlau machen will, wie die Absaugvorrichtungen für Räumlichkeiten denn
nun beschaffen waren, in denen Hunderttausende durch hochgiftiges
Blausäuregas ums Leben kamen, sollte ein Anzeige nach § 130 StGB wegen
Leugnung der Offenkundigkeit blühen. Dass es sich bei dem Bastardo um ein
Kind handelt, kann dabei, im Gegensatz zu gleichaltrigen ausländischen
Gewaltintensivtätern, keine Rolle spielen. Soviel Wissbegierde, sehr
geehrter Herr Sigel, können wir dem Früchtchen nicht durchgehen lassen.
Als Zeitzeuge des Grauens sei das jüdische Gewissen deutscher Nation, der
Journalist und Publizist Michel Friedman wärmstens ans Herz gelegt, der
vor Absolventen der Berliner Polizeischule freimütig bekundete: "Vor 60
Jahren holte mich die Polizei zur Deportation ab. Heute schützt sie mich."
(Die Welt, 01.06.2002,S.2). Dass Michel, Jahrgang 56, bei seiner
Deportation noch gar nicht geboren war, darf dabei keine Rolle spielen.
Ihr ergebener
Dr. Frank Kretzschmar
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