Politik 2005

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Die "korrupte" EU, ein Abzock und Unterdrückungsverein?

Neben den üppigen Bezügen kassieren die EU-Abgeordnete ordentlich durch Tricksereien mit Reisekostenabrechnungen und üppigen Sitzungspauschalen sowie mit sonstigen Nebeneinnahmen ab. Jetzt werden viele mit 50 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und erhalten dafür im Jahr bis zu 100.000 Euro Pensionsbezüge. Die Nettogehälter der Eurokraten sind in der Regel höher als die Bruttogehälter, das soll ihnen mal ein Arbeitnehmer in der BRD nachmachen. Die EU wird von den Beamten im Hintergrund gesteuert, die aber nicht gewählt wurden. Der "korrupte" Klüngel, der mit den Milliarden des deutschen Steuer- und Abgabenkulis unterhalten wird, hält zusammen. Kein einziger Beamter verlor zum Beispiel wegen der gigantischen Korruptionsaffäre, die im Jahr 1999 die Europäische Union erschütterte und die Kommission zu Fall brachte, seinen Job. Und der Europäische Gerichtshof schützt das "korrupte" Unternehmen und Verfolgungssystem mit entsprechenden Urteilen. Bei der Formulierung des Urteils läuft es einem eiskalt den Rücken runter. Im Urteil gegen einen EU-Kritiker heißt es, die Freiheit der Rede sei kein absolutes Recht: Kritik an der EU ist davon, ebenso wie früher Blasphemie, nicht abgedeckt. Fehlverhalten und Amtsmißbrauch sind die Wahrzeichen der EU. Und wer als Journalist über Schmiergeldzahlungen recherchiert, wird verhaftet, seine Unterlagen beschlagnahmt, damit die "korrupten Eurokraten" keinen Ansehensverlust erleiden.

Die Welt, 20.8.2005, Seite 5

Brüssel - Von diesen Pensionen können Deutschlands Arbeitnehmer nur träumen: Während wir immer länger arbeiten müssen und vielleicht bald sogar erst mit 70 in Rente gehen können, dürfen EU-Beamte schon mit 50 Jahren in den Ruhestand. Und das mit bis zu mehr als 7500 Euro Pension im Mona! Welche Eurokraten so absahnen können - Seite 2 (BILD, 16.8.2005)

Kritik an der EU ist eine Todsünde

Und eigentlich der einzige Grund, entlassen zu werden

von Daniel Hanna

Brüssel - "Hör mal, Hannan", sprach mich unlängst ein deutscher Kollege im Europäischen Parlament an, "wir sind das langsam leid. Ständig schreibst du über EU-Abgeordnete und ihr Ausgabeverhalten. Du läßt uns ja wie ein Haufen Gangster aussehen. Fällt dir nichts Besseres ein?"

Nun, wenn meine Kolumne eines ist, dann ausgewogen. Also werde ich diese Woche aus Gründen der Gleichbehandlung kein Wort über Europa-Parlamentarier verlieren. Ich werde nichts über ihre Tricksereien mit Reisekostenabrechnungen schreiben, nichts über ihre üppigen Sitzungspauschalen und nichts über ihre sonstigen Nebeneinnahmen. Statt dessen möchte ich Ihnen etwas über die lieben EU-Beamten erzählen.

Am Dienstag wurde bekannt, daß einer ganzen Reihe Brüsseler Eurokraten eine vorzeitige Pensionierung ohne finanzielle Einbußen angeboten werden soll, um für neue Beamte aus den Beitrittsländern Platz zu machen. In der Europäischen Union bedeutet das, daß die Frühpensionäre nicht mehr und nicht weniger als 70 Prozent ihres letzten Gehalts bekommen - in manchen Fällen sind das über 100 000 Euro jährlich. Nicht schlecht, wenn man gerade mal fünfzig ist.

Wieder einmal zeigt Brüssel, daß es sich rührend um die Seinen kümmert. Bei EU-Beamten kommt es nicht selten vor, daß das Nettogehalt höher ausfällt als das Bruttoentgelt. Wenn jemand in einer teuren Stadt arbeitet, bekommt er eine Zulage von bis zu 40 Prozent seiner Besoldung. Wenn seine Arbeitsstätte nicht in seinem Heimatland liegt, erhält er einen "Auslandszuschlag", der sich auf weitere 16 Prozent beläuft. Wenn er Familie hat, steht ihm zusätzlich eine Kinderpauschale zu. Im Idealfall zahlt er dann eine EU-Pauschalsteuer von rund 18 Prozent - und ist mithin relativ wenig betroffen von all den steuerlichen Konsequenzen, die seine Entscheidungen für den Rest der EU-Bürger haben.

Ein Eurokrat hat darüber hinaus weitaus mehr Macht als seine Pendants in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Die meisten Menschen wissen, daß die Europäische Kommission die treibende Kraft der EU darstellt, obgleich die Bürger sie nicht gewählt haben. Weniger bekannt ist hingegen, daß das Europäische Parlament - theoretisch der demokratischere Part - weitgehend von den Beamten im Hintergrund gesteuert wird. Drei Viertel der Abgeordneten im derzeitigen Parlament sind zum erstenmal dabei. Doch als wir uns vergangenes Jahr zur konstituierenden Sitzung trafen, waren Dutzende Gesetzesvorlagen schon fertig und mußten nur noch verabschiedet werden. Diese Entwürfe waren vom Sekretariat des Parlaments ausgearbeitet worden und wurden in der Folgezeit mit nur minimalem Gegenwind seitens der Neu-Parlamentarier durchgepaukt. Das Sekretariat konnte dabei auch deshalb so zielstrebig vorgehen, weil die Neulinge große Mühe hatten, sich überhaupt erst einmal zurechtzufinden.

Vor allem aber kleben die Brüsseler Eurokraten an ihrem Sessel. Kein einziger Beamter verlor zum Beispiel wegen der gigantischen Korruptionsaffäre, die im Jahr 1999 die Europäische Union erschütterte und die Kommission zu Fall brachte, seinen Job.

Ich weiß zudem von mindestens einem ranghohen Eurokraten, der in einen großen Skandal um die Zweckentfremdung von Entwicklungshilfe verwickelt war und dafür lediglich auf einen anderen hochgestellten Posten versetzt wurde. Um wirklich entlassen zu werden, muß man in Brüssel schon die eine Todsünde begehen: die EU kritisieren.

[Netzzensiert von der WELT ab hier. In der gedruckten Ausgabe steht jetzt:]

Das passierte Marta Andreasen. Die Rechnungsführerin war in der Folge der Ereignisse von 1999 eingestellt worden, um die Buchhaltung der EU auf Vordermann zu bringen. Doch als sie das Gebaren der Kommissare kritisierte, wurde sie zunächst suspendiert und dann - in einem letzten gehässigen Akt der Kommission - gefeuert. Ähnliches passierte dem britischen EU-Beamten Bernard Connolly, der es gewagt hatte, ein Euro-kritisches Buch zu verfassen.

Als Connolly seine Entlassung auf Basis der Meinungsfreiheit anfocht, entschied der Europäische Gerichtshof (und bei der Formulierung läuft es mir eiskalt den Rücken runter), die Freiheit der Rede sei kein absolutes Recht: Kritik an der EU ist davon, ebenso wie früher Blasphemie, nicht abgedeckt.

Schön wäre nur ,wenn die EU ebensoviel Zeit darauf verwenden würde, sich mit Fällen von Fehlverhalten und Amtsmißbrauch in ihren eigenen Reihen zu beschäftigen, wie sie damit zubringt, ihre Kritiker ruhigzustellen.

Wenn Sie glauben, ich übertreibe, erinnern Sie sich nur mal an das Schicksal des Stern-Reporters Hans-Martin Tillack. der deutsche Journalist wurde im Frühjahr 2004 von der belgischen Polizei verhaftet und stundenlang festgehalten - und das ohne die Möglichkeit, Kontakt zu einem Anwalt aufzunehmen. Während dieser Zeit durchwühlten die Polizisten seine Rechercheakten, Telefonmitschriften sowie Kontoauszüge und beschlagnahmten die Unterlagen. Sein Verbrechen hatte darin bestanden, über Schmiergeldzahlungen in Brüssel zu berichten und nicht zuletzt über das Versagen der EU, gegen interne Mißstände vorzugehen. Überflüssig zu erwähnen, daß keiner der korrupten Eurokraten jemals so behandelt worden wäre wie Tillack.

In gewisser Weise trägt daran jeder eine Mitschuld. Das europäische Ideal scheint ganz automatisch die Unterstützung eines jeden gebildeten Menschen zu erfahren. Die Folge ist, daß diejenigen innerhalb des Systems sich problemlos ein bequemes Leben einrichten können. Dürfen sie doch sicher sein, daß sie sich vor niemandem werden verantworten müssen.

Der Autor ist konservativer britischer Europaabgeordneter und schreibt eine Kolumne alle zwei Wochen an dieser Stelle.