Politik 2005

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"Der Gedenk-Zirkus ist ein widerlicher Exzess"

Joffe: Der Gedenk-Zirkus mit der Auschwitz-Keule macht die Deutschen dumm, kaputt und krank

 

Josef Joffe

 

Der jüdische Chefredakteur der ZEIT, Josef Joffe, erkennt die Gefahr des "Gedenk-Zirkus" für die BRD-Deutschen im Jahre 60 nach der totalen Niederlage des Deutschen Reiches. Joffe gibt offen zu, daß es "im grellen Zirkus des Gedenkens nicht mehr um die Wahrheit geht". Er sagt, es handele sich vielmehr um "eine Interpretation des Grauens".

Der ganze "Gedenk-Zirkus" der heuchelnden Eliten in der BRD sei eine reine Veranstaltung zur Argumentationsgewinnung für die "ideologischen Grabenkämpfe der Gegenwart." Der Gedenk-Zirkus der BRD-Eliten sei für sie der "stärkste Schnaps zur eigenen Aufrüstung und zur Betäubung des Gegners". Beim "Gedenk-Zirkus" handelt es sich laut Joffe um "einen widerlichen Exzess".

Mehr noch, Joffe möchte, daß Auschwitz endlich auf den Index gesetzt wird, also nicht mehr für die "ideologischen Grabenkämpfe" ge- und mißbraucht werden solle, also im öffentlichen Leben quasi keine Erwähnung mehr finden dürfe. Das Schwingen der "Moralkeule"-Auschwitz mache die Menschen "dumpf" (stumpfsinnig, benommen), denn es sei "die Verwirrung im Kopf, die die Keule beim Aufschlag anrichtet", schreibt Joffe. Gerade wegen dem Einsatz der "Auschwitz-Keule" würden die Menschen ihren Politikern nicht mehr zuhören. Würde mit der Auschwitz-Keule nicht mehr auf die Köpfe der Menschen gehauen, würde Auschwitz keine Erwähnung mehr finden im öffentlichen Leben, könnte sich das Volk wieder hochpäppeln und etwas leisten, so Joffe.

Wenn "zehn Jahre lang" Auschwitz nicht mehr von den Politikern als Keule gebraucht würde, spränge "der Gesamt-IQ der Deutschen um zehn Punkte" nach oben. Würde die Auschwitz-Keule im Waffenschrank der geistigen Massenvernichtungswaffen verschwinden, würde es "Nobelpreise satt" hageln, "die Wirtschaft wachsen" und "Deutschland wieder ganz nach vorn kommen". Joffe setzt sogar einen Höhepunkt: "Der Verzicht auf den Auschwitz-Vergleich ersetzt fünf Jobgipfel".

DIE ZEIT, Feuilleton, Nr. 13, 23.2.2005, Seite 45

Im grellen Zirkus des Gedenkens

Vor sechzig Jahren ist das "Dritte Reich" untergegangen. Aber in diesen Monaten, die dem Jahrestag seines Endes vorausgehen, scheint es täglich neu zu erstehen. Fernsehen, Kino und illustrierte Magazine bringen uns die Gestalten in der braunen Partei- oder schwarzen SS-Uniform mit nie gekannter Intensität zurück. ...

Eine große Einfühlung in die Täter hat die Deutschen ergriffen, sei es nun eine schuldbewusste oder schuldverneinende. Man könnte sagen: Endlich hat die verlogene Identifikation mit den Opfern ein Ende, die Behauptung der Unwissenheit und die Leidenslegende der familiären Vorfahren. Man könnte sagen: Mag die Beschäftigung mit dem "Dritten Reich" auch eskalieren und in der Eskalation ärgerliche Blüten treiben, es ist doch ein nützlicher, reinigender Sturm, der die moralischen Selbtsgewissheiten hinwegfegt. ...

Wir kämpfen gegen unsere eigenen Spukgestalten

Es geht, in unserem grellen Zirkus des Gedenkens, nicht mehr um Wahrheit. Wir handeln, wenn wir vom "Dritten Reich" handeln, längst nur noch von einem Reich aus zweiter Hand. Wir handeln von Gedanken, Lesarten, Interpretationen des Grauens, von unseren Illusionen, die wir uns über manche Figuren gemacht haben, und von unseren Versuchen, die Verantwortung in entlastende Theorien abzuschieben. ...

So geht das. Das ist der Fluch, der auf der deutschen Vergangenheitsbewältigung ruht. Sie interessiert uns nur insofern, als sich aus ihr Argumente im ideologischen Grabenkampf der Gegenwart destillieren lassen. Die Nazizeit ist der stärkste Schnaps, den man sich zur eigenen inneren Aufrüstung oder zur Betäubung des Gegners ausschenken kann. Es ist der schlecht verhehlte Charakter fortgesetzten Drogenmissbrauchs, der über allem Umgang mit der NS-Vergangenheit liegt, der den gegenwärtigen Exzess so widerwärtig macht.

Das A-Wort auf den Index

Die Moralkeule macht dumpf

Das üble Wörtchen von der »Moralkeule« namens Auschwitz hat bekanntlich Martin Walser in die Gehirne eingepflanzt. Es gibt sie allerdings, aber nicht, wie Walser wähnt - als Erpressungsinstrument der Juden oder Antifa-Freunde. Denn sie prallt zuerst mit dumpfem Knall auf dem Schädel des Keulenschwingers selbst auf - kein Wunder, wenn man so weit nach hinten ausholen muss. Und deshalb verdumpfen auch die Gedanken.

Alles ist »Holocaust«: der Bombenangriff auf Dresden, der »millionenfache« Mord an den Ungeborenen (vulgo: Abtreibung), die Erschießung von Mauerspringern. Dann gibt es den »Holocaust auf Deinem Teller«, den jeder begehe, der ein Schnitzel verzehrt, und es gibt die Muslimin, die sich »wie kurz vor dem Holocaust fühlt«. Nicht zu vergessen einen anderen Autor, Peter Handke, der die Nato bezichtigte, mit Bomben auf Serbien ein »neues Auschwitz erreicht« zu haben. Zuletzt hat sich Paul Spiegel, Chef des Zentralrats der Juden, im Gespräch mit dem Spiegel über jenen Kardinal beklagt, der die Abtreibung mit dem Holocaust verglichen hätte.

Die Klage war so berechtigt wie die anderen empörten Verweise auf den A-Vergleich, und wir wollen uns auch nicht mit der Erklärung aufhalten, warum solche Verknüpfungen zwischen töricht und gemein rangieren. Der Punkt ist, dass die Keule eben zweimal aufschlägt. Und so vergleicht Spiegel eine Seite weiter die Begrenzung jüdischer Einwanderung mit »Selektion« (siehe: Rampe von Auschwitz). Es dürfe nicht sein, »dass man in Deutschland wieder Juden in Kategorien einteilt«. Damit tut er selber, was er verdammt. Auch vergisst er, dass der Zentralrat zusammen mit der Regierung über Limits verhandelt hat. Bloß wollte das Innenministerium nach sozialen Kriterien auswählen, derweil der Zentralrat nur »echte« Juden haben wollte, also solche. mit jüdischer Mutter. Unterm Strich bleibt's sich gleich: zu viele Juden oder »Juden«, die die Sozialkassen belasten.

Die Moral von der Geschicht'? Es ist die Verwirrung im Kopf, den die Keule beim Aufschlag anrichtet - nach Millionen von Wörtern seit Anbeginn der Logik-Lehre, die sich auf vier reduzieren lassen: »Analogie ist nicht Identität.« Wenn sich A zu B verhält wie; X zu Y, ist A eben nicht Y. Aber wenn das Hirnfaul und der Soundbite unwiderstehlich ist, greift man zur Keule. Zumindest verschafft die Provokation Aufmerksamkeit, und die ist schon die halbe Miete im politischen Geschäft.

Ein Vorschlag zur mentalen Ertüchtigung: Setzen wir ein Jahr lang den A-Vergleich auf den Index. Dann müsste jedermann gegen Abtreibung oder Einwanderung mit Fakten und Argumenten anrennen. Drei Jahre lang, und wir würden unseren Repräsentanten wieder zuhören. Zehn Jahre lang, und der Gesamt-IQ der Deutschen würde um zehn Punkte steigen: Nobelpreise satt, die Wirtschaft wächst, und Deutschland ist wieder ganz vorn. Der Verzicht auf den A-Vergleich ersetzt fünf Jobgipfel. Josef Joffe