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Scharanski lenkt Bushs "Friedenspolitik" der Vernichtung

 
 

Natan Scharanski lenkt George Bushs Gedanken und bestimmt so Ameri-kas "Friedenspolitik" der Vernichtung.

Der israelische Friedensaktivist und Schriftsteller Uri Avnery schreibt, daß Bushs Gedanken und Politik von jüdischen Neo-Cons gelenkt würden. Natan Scharanski gehört diesen hebräsichen Neo-Cons an, und tatsächlich lenkt er mit seiner Philosophie die Gedanken von Bush, womit er maßgeblich dazu beiträgt, die weltweite Kriegs-Politik des heutigen Amerikas zu steuern. Scharanski, der mit seinem Buch "Für die Demokratie" (The Case for Democracy) Bushs Gedanken lenkt, hat ein ganz besonderes Verständnis von Freiheit: Jeder Kritiker Israels solle in einem Gulag-Lager enden, hat er einmal gesagt. Er reist unablässig durch die Welt und verlangt von den Regierungschefs rund um den Globus, Holocaust-Dissidenten für ewig hinter Gitter zu bringen. Scharanskis Idee von Freiheit sieht so aus: Die ganze Welt ist frei, das zu denken, was die Israel-Lobby vorgibt und das zu sagen, was die jüdischen Organisationen erlauben, zu sagen. Es ist diesem Scharanski zu verdanken, daß die Menschen in Deutschland heute mit dem Strafrecht gezwungen werden, das zu glauben, was sie nicht glauben können. Ein wirkliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Demokratie - die gemeinsame weltanschauliche Basis von Scharanski und Bush im "Kampf für die Demokratie".

DIE ZEIT Nr. 5/27.1.2005, POLITIK, Seite 2

Der Guru aus dem Gulag

Der israelische Politiker Natan Scharanski ist zum Hausphilosophen von US-Präsident George W. Bush aufgestiegen

Von Thomas Kleine-Brockhoff

WASHINGTON- Eigentlich ist das Interview schon zu Ende. Die Journalisten der Washington Times wollen sich eben aus den Sofas des Oval Office erheben. Der Chefredakteur sagt bereits artig: »Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident!« Doch George Bush hat noch etwas auf dem Herzen. »Wenn Sie eine Ahnung bekommen möchten, wie ich über Außenpolitik denke«, hebt er an, »sollten Sie Natan Scharanskis Buch The Case for Democracy lesen. Hat es schon jemand gelesen?« Schweigen. »Lesen Sie es! Großartig! Wird Ihnen helfen, viele meiner Entscheidungen zu verstehen. Erklärt, was in den Palästinser-Gebieten geschehen wird, jedenfalls so weit ich damit zu tun habe.«

Eindringlicher lässt sich eine Empfehlung kaum aussprechen. Halb Washington folgt ihr. Denn selten lässt sich ein Präsident derart in die Seele schauen. Vergangenen Herbst scheint ein Berater mit den Druckfahnen angerückt zu sein. Jener Präsident, der im Verdacht steht, an geistiger Nahrung kein gesteigertes Interesse zu verspüren, verschlingt Scharanski Loseblattsammlung - mitten im Wahlkampfstress. Neun Tage nach der Wähl kommt der Israeli ins Weiße Haus, auf Einladung Bushs. Eine halbe Stunde ist vorgesehen, Scharanski bleibt dreimal so lange. Und sagt nachher, Bush sei begeistert von dem Gedanken, man müsse Menschen nur Freiheit geben, dann - und nur dann -. werde Friede zwischen Völkern daraus. »Daran glaubte ich ohnehin schon«, sagt Bush zu Scharanski, »aber nun kommen Sie daher und geben allem ein theoretisches Fundament.«

Einige Wochen Inkubationszeit braucht Scharanskis Gedankengut. Dann bietet sich eine Gelegenheit, es zu verbreiten. Vorigen Donnerstag steht George Bush vor dem Kongress und trägt seine Rede zur zweiten Amtseinführung vor. Binnen 20 Minuten spricht er 43-mal von »Freiheit«. Aber nicht, wie es viele Vorgänger taten, als Grundwert der Gesellschaft und Wunschvorstellung für alle Unterdrückten der Welt, sondern als amerikanische Mission. Von nun an sei es »Politik der Vereinigten Staaten, die Entwicklung demokratischer Bewegungen und Institutionen in jeder Nation und jeder Kultur zu fördern«, und zwar »mit dem Fernziel; die Tyrannei in der Welt zu beseitigen«.

Es ist nicht allein die Flamme des Idealismus, die da im Herzen des Präsidenten lodert und zur grenzenlosen Ambition verleitet. Bush glaubt, jene magische Idee gefunden zu haben, die den ewigen Streit schlichtet zwischen Weltverbesserern und Realisten; denen es allein um Sicherheit und nationales Interesse geht. Bush zufolge lässt sich die Freiheit im eigenen Land nur sichern durch die Verbreitung der Freiheit überall. Weil friedliche Partner allein Demokratien seien, werde die Ausbreitung der Freiheit zur »dringenden Erfordernis der nationalen Sicherheit«. Deshalb lautet sein Kernsatz: »Amerikas vitale Interessen und unsere tiefsten Überzeugungen sind nun eins.« Ein Gedanke, der sich bei Natan Scharanski auf Seite 72 findet: »Wenn Demokratie und Menschenrechte über die Welt verbreitet werden, sind Werte und Interessen der freien Welt ein und dasselbe.« Weil »die freie Welt jegliche Gesellschaft transformieren« könne, behauptet Scharanski (auf Seite 17); dürfte »aus der Tyrannei wie einst aus der Sklaverei ein Übel ohne Zukunft werden«. Es ist das Manifest eines weltausgreifenden Neokonservatismus, im Weekly Standard als »Bush/Scharanski-Kurs« gefeiert. Von Natur aus reagiert Bush nicht zuerst auf Ideen, sondern auf Menschen. Und Scharanskis Biografie ist der Stoff, aus dem Helden-Epen sind: Er war Mitarbeiter des sowjetischen Dissidenten und Menschenrechtlers Andrej Sacharow, Organisator von Demonstrationen gegen die Sowjets, Anführer einer Gruppe auswanderungswilliger Juden. Die Ausreise wird ihm verweigert. Er verschwindet neun Jahre lang im Gulag. Vom ersten Tag an gibt er sich widerspenstig und nimmt, über die Kloschlüssel gebeugt, Kontakt zu Mithäftlingen auf. Als das »Toiletten-Telefon« entdeckt wird, kommt Scharanski in Sonderhaft. Mehrfach geht er in Hungerstreik. 1986 wird er über die Glienicker Brücke in Potsdam ausgetauscht.

Wer Scharanski heute in Israel trifft, erlebt einen Mann, aus dem im Sekundentakt Ideen sprudeln. Vor Jahren gründete er eine Partei für Einwanderer, die ihn in die Knesset brachte. Er war Mitglied verschiedener Kabinette sowie stellvertretender Ministerpräsident. Nach anfänglichen Erfolgen ist seine Partei zur obskuren Splittergruppe geschrumpft. Scharanski Selbst rückt immer weiter nach rechts, von wo aus er Ministerpräsident Scharon angreift, weil der aus Gaza abziehen will. Allerdings gehört Scharanski nicht zu jenen zionistischen Ultras, die niemals Land für Frieden abgeben würden. Er möchte den Kompromiss erst mit einer palästinensischen Demokratie schließen. Besuchern drückt er einen Artikel in die Hand, den er 1993 schrieb. Schon damals kritisierte er, dass der Friedensprozess auf Jassir Arafats harte Hand setzte: »Selbst wenn wir darauf bauen, dass die Palästinenser unsere schlimmsten Feinde vernichten, ,so müssen wir doch vorziehen, dass ihre Handlungsfreiheit eingeschränkt wird durch Gerichte, eine freie Presse Bürgerrechtsorganisationen.«

In The Case for Democracy wird daraus eine ganze Theorie. Sie fußt auf Erfahrungen aus der Sowjetunion. Deren »Schwarzweißwelt war für mich ein einzigartiges Labor, um herauszufinden, wo die Grenze zwischen Gut und Böse verläuft«, schreibt Scharanski. »In der freien Welt mit all ihren Graustufen ist es viel schwieriger, moralische Eindeutigkeit zu finden.« Meinungsverschiedenheiten würden fälschlicherweise für fundamental gehalten, sodass »die wahre Linie zwischen Gut und Böse« verschwimme. »Deshalb können Bewohnen freier Gesellschaften so schlecht Fundamentalismus in demokratischen Staaten von religiösen Terroristen in fundamentalistischen Staaten unterscheiden«, glaubt Scharanski. »Und deshalb sehen Menschen in freien Gesellschaften ihre Mitbürger manchmal als Feinde an, während sie Diktatoren fremder Länder als Freunde verstehen.« Die Herausforderung in Diktaturen sei es, »die innere Stärke zu finden, sich gegen das Böse zu wenden«; in freien Gesellschaften, die »moralische Eindeutigkeit zu finden, um das Böse überhaupt zu erkennen«. Darum sei die freie Welt heute gespalten in jene, die das Böse beschwichtigen, und jene, die sich gegen das Böse wenden wollten - wie damals, als Ronald Reagans Wort vom »Reich des Bösen« wie der Schlachtruf der Befreiung durch die Lager des Gulag gehallt sei.

Eben darin liegt die Attraktion von Scharanskis Heilsvision für George Bush. Nicht nur leiht er sich vom Guru aus dem Gulag moralische Autorität. Mit Hilfe Scharanskis verbinden sich Kalter Krieg und Antiterrorkrieg, die Ära Reagan und die Ära Bush. Eine Erbschaft lässt sich antreten, die vom großen Sieg kündet und vom Triumph der Freiheit. Politische Härte, die Rhetorik der Eindeutigkeit und das Pathos der Befreiung erscheinen wie ein Kontinuum Amerikas. Zugleich soll eine Politik als zynisch erscheinen, die im Namen der Stabilität Entspannung predigt. Am Pranger stehen einmal mehr Henry Kissinger, der heimische Großmeister der Détente; Helmut Schmidt, der einst zum Kriegsrecht in Polen allzu lange schwieg; und vor allem jene Europäer, die ein bisschen Terrorismus bei Jassir Arafat nicht so schlimm fanden.

So ist es nur passend, dass der Autor, der aus der Kälte kam, seine Freiheit auch dem Mitbegründer des Neokonservatismus verdankt. Senator Henry »Scoop« Jackson war es, der 1972 einen Gesetzesentwurf einbrachte, der Wohlverhalten gegenüber Moskau an Ausreisegenehmigungen für russische Juden knüpfte. Für Scharanski setzte Jackson sich persönlich ein. Assistent von Senator Jackson war damals ein junger Mann namens Richard Perle, heute einer der Hardliner von Washington. Dieser Perle war es; der Scharanski 2002 zu einer Konferenz der Neokonservativen nach Colorado einlud. Dort ging er lange mit Vizepräsident Cheney und Vizeverteidigungsminister Wolfowitz spazieren. Beide agitierte er, Amerika solle nicht länger auf Arafat setzen, sondern Demokratie in Palästina zur Bedingung des Friedens erklären. Wenig später tat George Bush ebendies, in Worten; die von Scharanski zu stammen schienen. Die Washington Post fragte damals, ob Scharanski zu den »Redenschreibern des Weißen Hauses« zähle. Knapp drei Jahre später gilt er als Natan, der Weise von Washington.

Freilich beschweigen die Seelenverwandten Bush und Scharanski die ein oder andere Unebenheit ihrer Theorie. Kein Wort über Amerikas diktatorische Freunde. Nichts über die Rolle des Militärs bei der Ausbreitung der Freiheit. Die Frage, ob Demokratie überhaupt aus Gewehrläufen wachsen kann, wird nicht erörtert. Die Gefahr, demokratischen Universalismus mit amerikanischem Nationalismus zu verwechseln, gibt es scheinbar nicht. Auch nichts über die Versuchung, die Unabhängigkeit Palästinas bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufzuschieben, weil - in den Worten des Guardian -»Palästina erst Schweden werden muss, bevor es Palästina werden darf«. Die Wahlen im Westjordanland wie im Irak sind jedenfalls ein Test auf Prinzipientreue für George und Natan, die beiden Befreiungstheologen. Denn, so schreibt Scharanski, »eine Demokratie, die dich hasst, ist immer noch weniger gefährlich als ein Diktator, der dich liebt«.

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