Politik 2004

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Gefoltert, gemordet, vergewaltigt
Kinder zerbombt, Demokratie pur

"Wenn die Amerikaner Selbstmordbomber dämonisieren, ist das für die Araber der Gipfel der Heuchelei, denn sie wissen, dass Amerikaner und Briten während des Zweiten Weltkriegs japanische und deutsche Städte mit Terrorbombardements in einem Maßstab vernichteten, der die Selbstmordbomber als gerademal als wütente Zwerge erscheinen läßt."

"Dagens Nyheter" (größte schwedische Tageszeitung) vom 1.10.2004, Seite 4

Selbst die moslemischen Kinder werden massenhaft getötet - und diese "Befreiung" soll die islami-sche Welt auch noch freudigst bejubeln!

"Hass kann nicht weggebombt werden" Versuchen Sie, die treibende Kraft hinter dem muselmanischen Widerstand zu verstehen

von Stig Ramel
Schriftsteller und ehemaliger Generaldirektor der Nobel-Stiftung.

Der Film über Robert McNamara, "The Fog of War", ist nun nach Schweden gekommen. Alle, die ein Interesse an unserer Umwelt und für unsere Zukunft haben, sollten ihn sehen. Im Film untersucht er u.a. seine Rolle im Verteidigungsministerium während des Vietnamkrieges und präsentiert die daraus gezogenen Lehren.

Einer der größten Fehler war, laut McNamara, dass man nie "unter die Haut" der Gegner gekrochen war, um wirklich seine Beweggründe zu verstehen. In Washington wollte man den Krieg als einen Krieg für Freiheit und Demokratie sehen, während man die Gegner in Hanoi als das Werkzeug Chinas und der Sowjetunion im Dienst der Weltrevolution sah. Dass China der Erzfeind Vietnams war, verstand man nicht, eben so wenig, wie die Rivalität zwischen China und der Sowjetunion. Für Hanoi war es ein Kampf gegen den Kolonialismus und gegen USA als Erbe Frankreichs.

Ebenso wenig versucht man heute in Washington unter die Haut der Gegner zu kriechen, um deren Beweggründe zu verstehen. Man begnügt sich damit, alle seine Feinde zu einer Gruppe zusammen zu bündeln und sie als Terroristen abzustempeln, ohne Rücksicht auf ihre Herkunft in der großen, reich facettierten Welt des Islam. Als Präsident Bush nach dem 11. Sept. 2001 seinen Krieg gegen den Terror erklärte, tat er dies in einer Art, die den Glauben der fundamentalistischen erweckungschristlichen Amerikaner, die seine Kerntruppen bilden, widerspiegelt.

Das Böse steht gegen das Gute. Gott gegen den Teufel. Die nicht mit uns sind, sind gegen uns. Das ist eine Sprache, die der der "Terroristen" auf der anderen Seite gleicht.

Bush proklamierte einen Kreuzzug, "um die Welt für die amerikanischen Werte" zu sichern und das Evangelium der Demokratie in der arabischen Welt zu verbreiten. Er scheint damit gerechnet zu haben, als Befreier begrüßt zu werden; die Wirklichkeit wurde furchtbar anders.

Viele seiner Alliierten, nicht zuletzt in Europa, warnten ihn, die Palästinafrage nicht ernst zu nehmen und sich Schulter an Schulter mit Israels Sharon zu stellen. Aber Bush akzeptierte rasch Sharons Definition der palästinensischen Freiheitskämpfer als Terroristen. Damit wurde es im Vorhinein unmöglich, den Irakkrieg zu gewinnen und die Parolen von der Demokratisierung der arabischen Welt wurden zu leeren Propagandafloskeln.

Hätte man versucht, unter die Haut der Völker im Mittleren Osten zu kriechen, hätte man verstanden, dass es das Martyrium der Palästinenser, deren totale Erniedrigung, das Zertrümmern ihrer Gesellschaft und der Staatsterrorismus ist, der Sharons politisches Signum geworden war. Das war der Hass gegen jenes Amerika, das Israels 40-jährige Besetzung der Westbank möglich macht, welcher der hauptsächlichste Bestandteil des Brennstoffes in den Mordflugzeugen gegen New York und Washington war. Das ist jener Hass, der das Predigen des Evangeliums der Demokratie unmöglich macht und die schönen Worte wie Steine zu Boden fallen lässt.

Wenn die Amerikaner die Selbstmordbomber dämonisieren, ist das für die Araber der Gipfel der Heuchelei, denn sie wissen, dass Amerikaner und Briten während des Zweiten Weltkriegs japanische und deutsche Städte mit Terrorbombardements in einem Maßstab vernichteten, der die Selbstmordbomber als wütente Zwerge erscheinen läßt.

Amerika zählt im Irak gegen 1000 Tote, aber seine Gegner im Irak wissen, dass ihre eigenen, vor allem zivile, Frauen und Kinder, um viele tausend zahlreicher sind. Die gleichen Zahlenverhältnisse gelten für Palästina. Als die demütigenden Bilder aus dem amerikanischen Gefängnis in Bagdad auf den Fernsehschirmen der arabischen Welt explodierten, wurde dies ein Symbol für ihre eigene Behandlung, wie niedrig ihr eigener Menschenwert in den Augen der westlichen Welt angesehen wurde.

Ähnlich wie Sharon hat auch Putin Bushs politische Sprache angenommen und stempelte die Gegner in Tschetschenien zu Terroristen und Fundamentalisten. Er nahm auch den von Bush eingeführten "preemptive strike" an, als ein Glied in seiner Politik mit potentiell schicksalsschweren Folgen für die ganze kaukasische Region. Interessanterweise hat sich diese geschickte Vermarktung einer neuen Variante eines jahrhundertealten russisch-kaukasischen Kampfes nicht unbemerkt einschleichen können, sondern wurde von der westlichen Welt schonungslos abgesegnet.

Die Medien bringen Präsident Putin nicht die gleiche Toleranz entgegen wenn es um den "Kampf gegen den Terrorismus" geht, die sie seinen Kollegen Bush und Sharon entgegenbringen. Bush ist durch die Dankbarkeit und den Respekt geschützt, die Amerikas Rolle im Kampf gegen Hitler und Stalin ergeben. Sharon wird vom Holocaust geschützt. Wer will schon "Antiamerikaner" und "Antisemit" genannt werden. Als "Antirusse" gebrandmarkt zu werden, erträgt man leichter.

Warum umgürten sich muselmanische Frauen mit Bombengürteln? Kann es möglicherweise sein, dass sie ihre eigenen Kinder hingemordet sahen, selbst vergewaltigt wurden und ihr Heim in die Luft gesprengt sahen? Ihr Hass ist fürchterlich und ihre Rache entsetzlich.

Was treibt Iraker, Palästinenser und Tschetschenen? Was steckt unter ihrer Haut? Ist es nur Bosheit und Fundamentalismus? Oder gibt es andere treibende Kräfte? Ist noch mehr Gewalt und noch mehr Selbstgerechtigkeit die richtige Antwort? Kann man Demokratie herbeibomben oder allgemeine Wahlen im Kugelregen abhalten? Das sind Fragen, die man in McNamaras Nachfolge nun stellen sollte.

In Vietnam wurden die USA gezwungen einzusehen, dass eskalierte Gewalt keine Lösung war. Das ist dieselbe Schlußfolgerung, die man in London, Paris, Haag und Brüssel zu ziehen gezwungen war, als deren koloniale Imperien nach dem Zweiten Weltkrieg zerbrachen. Es zeigte sich, dass die Terroristen Nationalisten waren und einige wurden zu Staatsmännern.

Diese Verwandlungskunst kann man bevorzugt an der israelischen Variante studieren unter dem Suchbegriff Menachem Begin.