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Noch eine Gas-Lüge ... und wieder für Israel

The New York Times - 31. Januar 2003

Kriegsverbrechen oder Kriegshandlung?

von STEPHEN C. PELLETIERE

Kurden wurden in Halabja mit einem auf Cyanid basierenden Gas getötet. Ein Gas, das bekanntlich vom Iran eingesetzt wurde. Da Bush II einen Vorwand für seinen Krieg gegen den Irak benötigte, machte er Saddam Hussein für das Massaker in Halabja verantwortlich.

MECHANICSBURG, Pa. -- Es überraschte kaum, daß Präsident Bush, dem die Beweise für Iraks Massenvernichtungswaffen fehlen, seine Ansprache zur Nation nutzte, einmal mehr die moralische Seite für seine Irak-Invasion zu betonen: "Der Diktator, der die gefährlichsten Waffen der Welt anschafft, hat solche Waffen bereits gegen ganze Dörfer eingesetzt. Tausende wurden verstümmelt, erblindeten oder kamen dabei um."

Die Anschuldigung, daß der Irak chemische Waffen gegen seine eigene Bürger eingesetzt hätte ist weithin bekannt. Ein in letzter Zeit immer wieder vorgebrachter Beweis dreht sich um die Vergasung von irakischen Kurden in der Stadt Halabja im März 1988, kurz vor Ende des achtjährigen Irak-Iran-Kriegs. Präsident Bush selbst sagte wörtlich: "Der Irak vergast seine eigenen Menschen". Er meinte damit den Gaseinsatz in Halabja und leitete damit eine Begründung für den von ihm angestrebten Sturz von Saddam Hussein her.

Das einzige, das feststeht, ist: Kurden wurden an diesem Tag mit Giftgas in Halabja bombardiert. Wir können aber nicht mit Sicherheit sagen, daß es irakische Chemiewaffen waren, die dort zum Einsatz kamen. Diese Behauptung ist nicht die einzige Verfälschung im Zusammenhang mit der Halabja-Geschichte.

Als hochrangiger politischer Analyst der CIA, zuständig für den Irak während des Irak-Iran-Kriegs und in meiner Eigenschaft als Professor der Kriegshochschule der Armee von 1988 bis 2003, weiß ich um die Dinge sehr genau bescheid. Ich hatte Zugang zu den meisten geheimen Dokumenten, die in Washington im Zusammenhang mit dem Persischen Golf gesammelt wurden. Darüber hinaus wurde mir die Aufgabe zuteil, 1991 eine von der Armee eingeleitete Untersuchung durchzuführen, wie die Iraker einen Krieg gegen die USA führen würden. Die geheime Version dieses Berichtes befaßte sich ausgiebig mit der Halabja-Affäre.

Über die Vergasungen von Halabja wissen wir soviel, daß es zum Einsatz von Giftgas zwischen Irakern und Iranern in der Schlacht um die Stadt kam. Der Irak setzte Giftgas ein, um Iraner zu töten, die die Stadt besetzt hielten. Halabja liegt in Nordirak, unweit der iranischen Grenze. Die kurdischen Zivilisten, die dort starben, hatten das Pech, zwischen die Fronten geraten zu sein.. 

Die Geschichte wird aber noch undurchsichtiger. Sofort nach der Schlacht untersuchte der Geheimdienst des US-Verteidigungsministeriums die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Giftgaseinatz und erstellte einen Geheimbericht. Dieser Bericht ging durch die Abteilungen der Geheimdienste, klassifiziert als "das muß man wissen". Der Untersuchungsbericht stellte fest, daß es iranisches Gas war, das die Kurden tötete, nicht irakisches.

Der Geheimdienst ermittelte, daß beide Seiten Gas in der Schlacht um Halabja einsetzten. Der Zustand der toten Kurden deutete allerdings daraufhin, daß sie einem Blutgas zu Opfer fielen, also ein auf Cyanid gestütztes Gas. Es war seinerzeit bekannt, daß der Iran diese Art von Giftgas einsetzte. Die Iraker, denen man den Giftgaseinsatz zuschreibt, setzten Senfgas in der Schlacht um Halbja ein. Es war nicht bekannt, daß der Irak ein auf Cyanid beruhendes Blutgas besaß.

Diese Tatsachen sind seit langer Zeit bekannt. Aber seltsamerweise, wann immer die Halabja-Affäre ins Gespräch kommt, bezieht sich niemand darauf. Ein aufsehenerregender Artikel im NEW YORKER im vergangenen März unterschlug jeden Hinweis auf den Geheimdienstbericht, wonach es iranisches Gas gewesen sein konnte, das die Kurden getötet hatte. Und wenn sich jemand auf diesen Geheimdienstbericht bezieht, dann werden die Ermittlungstatsachen als Spekulation abgetan, mit dem Hinweis, daß Amerika im Irak-Iran-Krieg auf Seiten des Irak stand.

Ich versuche nicht, den Charakter von Saddam Hussein zu rehabilitieren. Es gibt vieles in Sachen Menschenrechte, was er noch zu beantworten hätte. Aber ihn zu beschuldigen, er hätte das Ziel gehabt, Völkermord an seinen eigenen Bürgern in Halabja zu begehen, ist nicht richtig. Alle unsere Informationen belegen, daß Giftgas immer nur bei kriegsbedingten Schlachten zum Einatz kam. Es handelte sich um kriegsbedingte Tragödien. Es mag vielleicht Rechtfertigungen für die Invasion des Irak geben, aber Halabja taugt dazu nicht.

All jene, die glauben, daß die Katastrophe von Halabja die Grundlage heutiger Kriegsentscheidungen sein sollte, mögen folgendes bedenken: Warum war es für den Iran so wichtig, die Stadt zu besetzen? Bei genauerer Untersuchung dieser Frage fällt vielleicht einiges Licht auf Amerikas Absicht, warum der Irak zerschlagen und besetzet werden soll.

Wir werden andauernd daran erinnert, daß unter der irakischen Erde wahrscheinlich die größten Erdölvorkommen der Welt liegen. Allerdings dürfte es im regionalen bzw. geopolitischen Sinne noch wichtiger sein, daß der Irak das größte Flußsystem im Mittleren Osten besitzt. Neben Euphrat und Tigris gibt es z.B. die Flüsse Großer und Kleiner Zab im Norden des Landes. Der Irak war schon im 6. Jahrhundert mit Bewässerungssystemen übersäht und diente als Kornkammer für die gesamte Region.

Vor dem Irak-Iran-Krieg hatte der Irak ein eindrucksvolles Staudammsystem mit Flußlaufprojekten erbaut. Das größte Projekt war der Darbandikhan-Damm im Kurdengebiet. Die Iraner nahmen Halabja ein, um diesen Damm zu kontrollieren. In den 1990-er Jahren wurde viel über das Projekt der Friedens-Pipe-Line geredet, die das Wasser von Euphrat und Tigris zu den südlichen Golfstaaten bringen sollte. Von den Golf-Staaten sollte das Wasser nach Israel weitergeleitet werden. Das Projekt machte keine Fortschritte, da sich der Irak diesem Projekt verweigerte. All das kann sich ändern, wenn der Irak in amerikanischer Hand ist.

Somit kann Amerika das Schicksal des Mittleren Ostens auf Jahrzehnte hinaus verändern. Nicht nur, indem Amerika das irakische Öl kontrolliert, sondern im besonderen das irakische Wasser. Selbst wenn die USA den Irak nicht besetzen sollten, sondern es schaffen, Saddam Husseins Baath-Partei von den Schalthebeln der Macht zu entfernen, würden sich lukrative Geschäfte für US-Firmen auftun.

Was die Regierung Bush benötigt, die Bevölkerung kriegsbereit zu machen, ist ein schlagendes Argument, ein einleuchtender Kriegsgrund. Aber die Anstrengungen, die Iraker mit Osama bin Laden in Verbindung zu bringen, haben nicht überzeugt. Behauptungen, daß der Irak seine Nachbarn bedrohe, brachten auch nicht die erhoffte Zustimmung zum Krieg, da der marode Zustand des Landes, dank der UN-Sanktionen, für alle unübersehbar geworden ist. Iraks konventionelle Streitkräfte bedrohen niemanden.

Vielleicht ist es das Argument, daß Saddam Hussein Menschenrechts-Verbrechen an seinen eigenen Bürgern verübte, das als schlagkräftigste Parole übrig bleibt, um rasch eine öffentliche Zustimmung für den Krieg zu bekommen? Und der dramatischste Fall sind die Beschuldigungen in Sachen Halabja.

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Bevor wir wegen Halabja in den Krieg ziehen, muß die Regierung den Menschen in Amerika die volle Wahrheit sagen, das schuldet sie ihnen. Sollte die Regierung Beweise haben, daß Saddam Hussein Kurden an anderen Orten vergaste, muß daraus hervorgehen, daß es sich nicht um pro-iranische Guerillas der Kurden handelte, die auf Seiten der iranischen Revolutionsgardisten kämpften.

Warum beißen wir uns an angeblichen Greueltaten des Saddam Hussein fest, obwohl unsere Regierung noch keine Beweise dafür geliefert hat? Zudem gibt es so viele andere repressive Regime, die von Washington unterstützt werden, warum also Saddam Hussein?

Stephen C. Pelletiere ist Autor von "Iraq and the International Oil System: Why America Went to War in the Persian Guld." (Irak und das internationale Ölsystem. Warum Amerika sich am Krieg am Persischen-Golf beteiligte) <Ende NYT>


Donald Rumsfeld (links) traf 1983 mit Saddam Hussein zusammen, um ihm Amerikas Unterstüt-zung zu versichern, auch im Zusammenhang mit dem Einsatz von chemischen Waffen.

"Neuer Unmut über Donald Rumsfelds persönliche Verbindung zu Saddam Hussein wurde gestern ausgelöst, da neue Dokumente enthüllen, daß er 1983 in den Irak reiste, um dem irakischen Regime Amerikas Unterstützung zu versichern. Er tat dies, ungeachtet der Chemiewaffen-Einsätze durch den Irak. Die ehemals geheimen Dokumente enthüllen, daß der Verteidigungsminister vor 20 Jahren nach Bagdad reiste, um dem Irak zu versichern, daß die Verurteilung Amerikas wegen des irakischen Giftgaseinsatzes nur 'prinzipieller' Natur sei. Der Wunsch Washingtons, den Irak im Krieg gegen den Iran zu unterstützen und die 'Bilateralen Beziehungen nach den Wünschen des Irak zu verbessern', hätte nichts mit der formell-prinzipiellen Kritik der US-Regierung zu tun, versicherte Raumsfeld."

The Independent, London, 24 December 2003


Wie die Gutmenschen Menschheitsverbrechen mit Greuellügen rechtfertigen