Jüdische Studien 2003


powered by FreeFind

Der Tod von Jürgen W. Möllemann

"Der Tod Möllemanns ist eine Tragödie, die in der Geschichte der Bundesrepublik allenfalls mit dem tödlichen Drama um den ehemaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel 1987 zu vergleichen ist. Denn Möllemann starb wie der Christdemokrat Barschel auf dem Höhepunkt einer Affäre um Parteien, Macht, Intrigen und Geld. Einer der besten Freunde Möllemanns mochte freilich nicht an Freitod glauben: 'Das ist keiner, der sich aus dem Leben stiehlt', sagte Uwe Tönningsen." (Der Spiegel 24/2003, S. 36)

Jürgen Möllemann bei einem seiner vielen Fallschirmabsprünge. Er war ein erfahrener Springer

"Das war kein Unfall. Einem Springer mit so viel Erfahrung wie Herr Möllemann, passiert in solch einer Phase des Sprungs kein Fehler mehr - das ist definitiv." Warum also sollte Jürgen W. Möllemann einen Freitod mit dem Fallschirm wählen, also eine Sportart benutzen, der sein Leben, nicht sein Tod verschrieben hatte? Noch dazu, wenn er keine ernsthaften juristischen Folgen zu erwarten hatte.

Nicht zu vergessen: Uwe Barschel wurde vom israelischen Geheimdienst Mossad ermordet.* Der ehemalige Mossad-Agent Victor Ostrovsky beschrieb ziemlich genau, warum und wie Uwe Barschel 1987 vom israelischen Geheimdienst in Genf ermordet wurde. Barschel opponierte gegen Israels Waffengeschäfte und militärische Operationen auf deutschem Boden und drohte auszupacken. Mit dieser Drohung war Barschels Schicksal besiegelt.

Jürgen W. Möllemann hatte sich ebenfalls mit den jüdischen Machtzentren angelegt. Er gab der Judenführung in Deutschland die Schuld am zunehmenden Antisemitismus und griff dabei besonders den Populär-Juden, Michel Friedman, scharf an. Er nannte Friedman "gehässig". Mehr noch, Möllemann war Vorsitzender der Deutsch-Arabischen Gesellschaft und versuchte nach Kräften, die Verbrechen Israels im Nahen Osten öffentlich zu machen. Er nannte Israel z.B. einen Terror-Staat und äußerte Verständnis für die palästinensischen "Märtyrer", die sich in Israel immer wieder in die Luft sprengen und dabei Israelis mit in den Tod reißen.

Jürgen W. Möllemann wirkte wie ein spitzer Stachel im Programm des "Zentralrats der Juden in Deutschland". In der FDP war er zur Zeit der Auseinandersetzung mit dem Zentralrat stellvertretender Parteivorsitzender und Vorsitzender des mächtigsten Landesverbandes (NRW) der FDP. Mit seinen unverblümten Angriffen auf die jüdische Führungselite sorgte Möllemann für eine differenzierte Wahrnehmung der deutschen Bevölkerung gegenüber dem Judentum. Möllemann machte eine Anti-Haltung gegenüber dem Zentralrat hof- und salonfähig, womit er sich als Amalek selbst nominierte.

Möllemann ahnte etwas "Gefährliches"

Der stern berichtete über ein Interview mit Möllemann im November 2002: "Auf der Fahrt zu seinem Haus schilderte er eine These, die er Monate später in seinem Buch 'Klartext' publik machte. FDP-Chef Westerwelle sei bei seinem Israel-Besuch im Frühjahr vom Geheimdienst Mossad erpresst worden: Entweder er, Westerwelle, stelle Möllemann politisch kalt, oder man werde peinliche Details aus dem Privatleben des FDP-Vorsitzenden enthüllen. Und Geheimdienste, raunte Möllemann, beim Aussteigen, seien nun mal unberechenbar." Der stern weiter: "Am Abend dieses 23. November klingelte dann Jörges' (stern-Redakteur) Handy. Möllemann ist dran. Man solle die Bemerkung im Auto in Münster 'sehr ernst nehmen', sagte er mit schleppender Stimme. 'Es ist eine abstrakte Ahnung'. Es stehe 'etwas sehr Gefährliches' bevor. 'Wenn etwas sehr Unvorhergesehenes passiert', solle sich der stern dieses Gesprächs erinnern."

National Zeitung, 26, 20.06.2003, S. 4

Möllemann wusste um seine Situation, denn er enthüllte, dass der Mossad seinen "politischen Kopf" wollte: "In seinem neuen Buch 'Klartext', aus dem der stern in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe Auszüge veröffentlicht, bezieht sich Möllemann auf den Israel-Besuch Westerwelles im Mai 2002. Beim Warten auf eine Audienz bei Ministerpräsident Ariel Scharon habe ein 'Mann ohne Namen' dem Parteivorsitzenden 'in unmissverständlichen Worten knallhart gesagt, dass die israelische Regierung meinen [Möllemanns] politischen Kopf verlange'. Westerwelle habe später einen seiner kundigen Begleiter gefragt, wer das gewesen sei, und habe zur Antwort erhalten: 'Der Mossad!'." (stern, Meldung vom 10. März 2003)

Möllemann verlor am 5. Juni 2003 nicht nur seinen "politischen" Kopf, sondern seinen wirklichen obendrein. Zu denken gibt in diesem Zusammenhang der Aufwand, der um das Ermittlungsverfahren gegen ihn betrieben wurde. Am Tag der Razzien wurde am laufenden Band im Fernsehen über den Schlag gegen den wagemutigen Politiker berichtet: "Mit einem martialischen 100-Mann Aufgebot und einem der größten Polizeieinsätze gegen einen Politiker in der Geschichte der Republik, drängten sie den früheren FDP-Politiker in die Rolle eines Staatsfeindes." (Die Welt, 07.06.2003, S. 2) Es wurde berichtet, dass sogar Möllemanns Haus auf den kanarischen Inseln auf den Kopf gestellt worden sei. Der Fernseh-Normalkonsument musste den Eindruck gewinnen, bei Möllemann handele es sich um Osama bin-Laden und Adolf Hitler in einer Person. Es wurde ein Bild über ihn in den Medien gezeichnet, das bei jedermann den Schluss nahe legte, dieser Mann musste sich ja umbringen, "was der alles verbrochen hat".

Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Möllemann hatte gar nichts zu befürchten. Während die internationale Groß-Razzia mediengerecht inszeniert wurde, "schlugen die Ermittler nach seinem Tod plötzlich ungewöhnlich milde Töne an, als wollten sie Abbitte für ihre letzten Verfolgungsmaßnahmen gegen den jäh verstorbenen leisten. ... Die Staatsanwaltschaft Münster und eine der Anwältinnen Möllemanns - Annette Marberth-Kubicki - sagten gestern, noch kurz vor dem letzten Sprung Möllemanns habe es Gespräche über eine einvernehmliche Beendigung des Strafverfahrens mit der Justiz gegeben. Die Staatsanwaltschaft Münster habe an einen Strafbefehl gedacht, der dem Politiker eine öffentliche Hauptverhandlung und einen Aufmarsch von Zeugen erspart hätte." (Die Welt, 07.06.2003, S. 2)

Andere hätten die sogenannten Ermittlungen gegen Möllemann viel mehr zu fürchten gehabt als er selbst. DIE WELT fragt: "Gibt es inzwischen beschlagnahmte Unterlagen, die ganz andere Fährten für die Fahnder auftun?" (07.06.2003, S. 3) Warum also soll sich Möllemann umgebracht haben? Somit ist Möllemanns Schicksal in der Tat mit dem Schicksal Uwe Barschels zu vergleichen, wie DER SPIEGEL so treffend geschrieben hat.

"Das war kein Unfall," erklärte eine Sportlerin vom "Verein für Fallschirmspringen Marl", die mit Jürgen Möllemann sprang. (Die Welt, 07.06.2003, S. 2) Hätte Jürgen W. Möllemann Selbstmord verübt, hätte er die automatische Programmierung des Auslösemechanismus für den Reservefallschirm nicht aktivieren dürfen. Denn wenn der Hauptfallschirm aus technischen Gründen abgesprengt wurde bzw. abgesprengt werden musste, aber das Programm des Reserveschirms angeschaltet war, konnte es Möllemann nicht mehr ausgeschaltet haben. Der Reserveschirm hätte sich automatisch geöffnet. Die Springerin aus Marl zum Absturz ihres Kameraden Möllemann: "Einem Springer mit so viel Erfahrung wie Herr Möllemann, passiert in solch einer Phase des Sprungs kein Fehler mehr - das ist definitiv." (Die Welt, 07.06.2003, S. 2) Warum also sollte Jürgen W. Möllemann einen Freitod mit dem Fallschirm wählen, also eine Sportart benutzen, der er sein Leben, nicht seinen Tod verschrieben hatte? Noch dazu, wenn er keine ernsthafte juristische Folgen zu erwarten hatte.

Jürgen Möllemanns Freund, der FDP-Fraktionsvorsitzender im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki, sagte: "Für einen Selbstmord gibt es keinen nachvollziehbaren Grund (...) Warum sollte er sich gerade jetzt umbringen? Er hat es im November nicht getan, als klar wurde, dass seine Karriere in der FDP zu Ende ist. Er hat es im März nicht getan, als er zum Parteiaustritt genötigt wurde." (NZ, 26, 20.6.2003, S. 3)

Der Tod Jürgen W. Möllemanns zeigt ganz bestimmte Parallelen zum Mossad-Mord an Uwe Barschel auf. Erst stürzte Uwe Barschels Privatflugzeug 1987 ab, doch Barschel überlebte wie durch ein Wunder - bevor er kurze Zeit später in Genf ermordet wurde. Ähnliches wiederfuhr Möllemann: "Schon am 16. August des vergangenen Jahres, also etwa vier Wochen vor der Bundestagswahl, hat es bei einem Möllemann-Fallschirmabsprung einen Zwischenfall gegeben. Damals (der Sprung erfolgte in Niedersachsen) riss aus heiterem Himmel der Hauptschirm des Politikers. Möllemann wurde durch seinen Ersatzschirm gerettet und der Fall nicht weiter untersucht. Ein Fehler Möllemanns? Ein Anschlag? Ein Zufall? Ende Mai 1999 gab es zeitweise heftige Spekulationen über einen Mord-Anschlag auf Jürgen Möllemann. Eine junge Fallschirm-Kameradin Möllemanns war in Münster ums Leben gekommen, nachdem sich ihr Schirm nicht geöffnet hatte. Die Mordkommission ermittelte: Der Hauptschirm war verdreht und das Stahlseil des Reserveschirms durchtrennt worden. Außerdem hatte der Mörder die automatische Sicherheitsvorkehrung für die Öffnung des Reserveschirms fachmännisch zerstört. Der Schirm der jungen Frau ähnelte dem von Möllemann sehr. Am 30. Mai 1999 stürzte die Frau dann ungebremst zu Boden und war sofort tot. Es war Mord! Eine Verwechslung mit Möllemann, der hier auch immer sprang? Die Ermittler präsentierten später einen verschmähten Liebhaber als Täter ... Mord oder Selbstmord? Der österreichische 'Kurier' berichtet, dass Möllemann 'sich als Opfer einer von Israel aus gelenkten politischen Verschwörung' gesehen habe: 'Parteichef Guido Westerwelle sei vom israelischen Mossad erpresst worden, um ihn, Möllemann, politisch kalt zu stellen'." (NZ 26, 20.06.2003, S. 4)

Selbst die äußerst parteien- und geheimdienstloyale deutsche Justiz will sich nicht dazu hergeben, Möllemanns Tod als hundertprozentigen Selbstmord auszugeben: "Laut Polizei hatte Möllemann vor dem Absturz gegenüber Freunden und Bekannten in keiner Weise eine Selbstmordabsicht erkennen lassen. Einige Zeugen hätten im Gegenteil berichtet, dass der Politiker in sehr guter Verfassung gewesen sei. ... Möllemann löste den Hauptschirm in 1000 Meter Höhe selbst. Auch das Sicherheitssystem, das den Reserveschirm spätestens in 225 Meter automatisch öffnet, sei nicht eingeschaltet gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke nach Abschluss der Ermittlungen. Laut einem Gutachten der Bundesgrenzschutzeinheit GSG 9 sei das gesamte Fallschirmsystem intakt gewesen, berichtete Reinicke. ... 'Die Frage Freitod oder Unglück bleibt offen'." (Spiegel online, 09.07.2003)

Es lässt tief blicken, dass alle seine Feinde, also quasi der gesamte Deutsche Bundestag, sozusagen mit dem Eintreffen der Todesnachricht, eine Gedenkminute für den so gehassten Kollegen einlegten. Auf ähnliche Weise wurden die "Feinde des Sozialismus" in der ehemaligen Sowjet Union "geehrt", nachdem sie erfolgreich ausgeschaltet worden waren. Auch ihnen wurden Gedenkfeiern und herzzerreißende Reden der Politbüro-Größen gewidmet.

Die Witwe des mutigen Politikers, Carola Möllemann-Appelhoff, ließ über ihren Sprecher Hans Varnhagen am Telefon ausrichten: "Die Partei hat eine Hetzjagd gegen Jürgen W. Möllemann veranstaltet. ... Sie haben es geschafft, sie haben ihn fertig gemacht." (Die Welt, 07.06.2003, S. 3)

Erinnern wir uns an "Parteifreund" Guido Westerwelles Besuch in Israel, als der Mossad im Auftrag der israelischen Regierung von ihm "den politischen Kopf Möllemanns verlangte". Der Mossad und Israel wird nicht sehr unglücklich darüber sein, dass am Ende nicht nur Möllemanns "politischer", sondern sogar sein "richtiger" Kopf "gefallen" ist.

"Merkwürdig. Wenn ich mit dem Fallschirm abspringe, klatschen die immer alle - bis zu dem Moment, wo der Schirm aufgeht," pflegte Möllemann in letzter Zeit auf Wahlveranstaltungen immer zu sagen. (NZ 26, 20.6.2003, S. 4)

*Der Mord an Uwe Barschel:
"Geheimakte Mossad - Die schmutzigen Geschäfte des israelischen Geheimdienstes"